Polen – Allgemeines, Reisetipps, Historisches und mehr

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Landesname

Rzeczpospolita Polska (Republik Polen), kurz Polska (Polen). Der Name leitet sich vom westslawischen Stamm der Polanen ab. Dieser Name wiederum stammt vom slawischen Wort „Polje“ (auch Pol’je) ab, was schlicht und ergreifend Feld bedeutet. Die ‚Polanen‘ wurden quasi ‚Feldbewohner‘ genannt.

Fläche & Bevölkerung

Anklickbare Karte von Polen
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Das Land ist 312’685 km² gross. Polen ist damit nur etwas kleiner als Deutschland.

Die Einwohnerzahl liegt bei nur 38,4 Millionen (2019). Das ist weniger als die Hälfte der Einwohner Deutschlands. Polen ist also nur halb so dicht besiedelt. Trotz Katholizismus liegt die Wachstumsrate fast bei 0 (genauer gesagt knapp unter 0 %). Aufgrund der ‚Entmischung‘ nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Bevölkerung ziemlich homogen: 96,7% sind Polen, nur noch 0,4% Deutsche, hinzu kommen weißrussische, ukrainische und andere Minderheiten wie z.B. Armenier und Karäer. Neuerdings zählt dazu auch eine vietnamesische Minderheit (Zahlen von 2002).

Religion

Seit langem ist Polen eine katholische Hochburg – nicht umsonst ist der Erzbischof von Kraków, Karol Wojtyła, zum Papst ernannt worden. 95% der Bevölkerung sind Römisch-Katholisch, wobei ’nur‘ rund drei Viertel nach eigenen Angaben ihren Glauben praktizieren. Nennenswert ist noch eine polnisch-orthodoxe Minderheit.

Zeitzone

MEZ (Mitteleuropäische Zeit). Also wie Deutschland, Österreich, die Schweiz usw. Sommerzeit gibt es auch.

Sprache

Polnisch. Diese Sprache gehört zum westslawischen Zweig der Satem-Sprachen innerhalb der indoeuropäischen Sprachfamilie. Am nächsten sind dem Polnischen Tschechisch, Slowakei und das in der Lausitz noch hier und da verbreitete Sorbisch.

Hier ein paar Fakten: Substantive kommen in Einzahl und Mehrzahl sowie in weiblicher, männlicher und sächlicher Form vor und werden klein geschrieben. Es gibt sechs Fälle plus den Vokativ, der nur bei der Anrede benutzt wird. Natürlich gibt es auch zahlreiche Zeitformen – dabei aber zum Beispiel nur eine Vergangenheitsform.

Prinzipiell wird so geschrieben wie gesprochen wird. Wie alle slawischen Sprachen gibt es etliche Zischlaute. Einige werden durch für uns unbekannte Zeichen dargestellt, andere durch Konsonantenkombinationen. Viele Wörter enthalten deshalb für unsere Begriffe reichlich wenige Vokale und ein unentzifferbares Gewirr von ’s‘, ‚c‘ und ‚z‘. Kennt man aber die Lesung, gewöhnt man sich daran.

Schon immer werden lateinische Buchstaben benutzt. Aber es gibt einige ‚diakritische‘ Zeichen (also mit Komma, Punkt, Akzent usw.) Oft werden diese Zeichen von des Polnischen Unkundigen ignoriert – heraus kommt ein für Polen unverständliches Wort. So wird die Großstadt Łódź nicht etwa ‚Lotz‘, sondern eher wie ‚Wudsch‘ gesprochen. Wer also Polen auf eigene Faust bereisen und die richtigen Fahrkarten sowie das richtige Essen haben möchte, sollte sich mit den folgenden Buchstaben und Lauten vertraut machen:

  • Ą (ą) : Heute eine Rarität in den slawischen Sprachen: Ein Nasal-O (oŋ), in etwa wie das [ong] in [Hongkong].
  • Ć (ć) Etwa wie das [tsch] in [Rutsche].
  • CZ Auch wie [tsch].
  • Ę (ę) Ein nasales [e] (eŋ), ähnlich dem [en] in [Enge].
  • Ł (ł) Diesen Buchstaben gibt es nur im Polnischen. Gesprochen wie ein englisches [w], also wie in [way].
  • Ń (ń) Weiches [n], ähnlich dem [ny] in [Canyon (cañon)].
  • Ó (ó) Ein schlichtes [u] wie in [Runde].
  • RZ Siehe ‚Ż‘.
  • Ś (ś) Stimmloses [sch] wie in [Masche].
  • SC Wie das ‚Ś‘, also wie [sch].
  • Ź (ź) Zischlaut zwischen [ts] und stimmhaftem [sch]. Gibt es nicht im Deutschen.
  • Ż (ż) Stimmhaftes [sch], wie das [g] im Wort [Gage]. Gibt es nicht im Deutschen.

Im Polnischen wird die vorletzte Silbe betont. Ausnahmen sind Fremdwörter. Wer schon etwas mit dem Tschechischen, Slowakischen oder Ukrainischen zu tun hatte, wird es in Polen wesentlich leichter haben. Wer Russisch spricht, wird ein paar Wörter verstehen aber sich kaum verständlich machen können. Nicht wenige sprechen auch sehr gutes Deutsch. Während man vor etlichen Jahren noch mehr als schief angesehen wurde, wenn man Deutsch sprach, hat sich das inzwischen gebessert. Vielerorts kommt man jedoch eher mit Englisch weiter.

Für eine Tabelle mit den wichtigsten polnischen Vokabeln nebst Vergleich mit anderen slawischen Sprachen bitte hier klicken.

Reiseinfos

Vorwort

Zum ersten Mal war ich 1983 in Polen, seitdem dutzende Male. Weshalb es mir nie in den Sinn kam, eine Seite über Polen zu schreiben. Damals waren die Verhältnisse schwierig – es fehlte an grundlegenden Dingen, andererseits konnte man aber in Polen westliche Sachen (wie Musik) kaufen, die es in der DDR nicht gab. Aber es kam schon mal vor, dass einem kleine Kinder hinterherliefen, mit Steinen warfen und „Nazi!“ riefen. In den 1980ern. Mittlerweilen hat sich jedoch sehr, sehr viel getan. Selbst Deutsch kann man nunmehr ohne Bedenken sprechen. In diesem Fall kann und muss man den Politikern beider Länder danken – z.B. Willy Brandt, um nur einen zu nennen.

Visa

Alle West- und Mitteleuropäer benötigen kein Visum. Ein gültiger Personalausweis reicht für deutsche Staatsangehörige zumindest auch aus. Mit dem EU-Beitritt sind die zum Teil lästigen Zollkontrollen an der deutschen Grenze auch weggefallen. Allerdings gelten noch immer die gleichen Bestimmungen, und der Zoll kontrolliert gelegentlich im Hinterland.

Geld

Die Landeswährung nennt sich Złoty (sprich: Swuoti, bedeutet ‚Gold‘), welche in der Regel abgekürzt wird mit . Ein Złoty besteht aus 100 Grosz (Plural: groszy). Die Währung ist mittlerweilen sehr stabil, da man die Inflation in den Griff bekommen hat. Der Kurs liegt bei 1 Euro = 4 Zł – die Schwankungen sind eher gering. Das bedeutet, daß die zu kommunistischen Zeiten übliche, hohe Inflation und der damit einhergehende Schwarzumtausch schon längst verschwunden ist.

Es zirkulieren Münzen im Wert von 1, 5, 10, 20 und 50 gr sowie zu 1, 2 und 5 Zł. An Geldscheinen gibt es 10, 20, 50, 100 und 200 Zł-Noten.

In Polen herrscht mittel- bzw. westeuropäischer Standard. Geldautomaten gibt es überall. Diese akzeptieren alle gängigen Kredit- und Bankkarten, also auch Cirrus- und Maestrokarten. Natürlich kostet das pro Abhebung ca. 4 Euro. Viele Banken wechseln freilich auch Bargeld.

10 polnische Zloty
10 polnische Zloty

Preise

Polen ist nach wie vor recht günstig, obwohl die Preise in den 1990ern beträchtlich stiegen. Die Preise entsprechen in etwa denen in Tschechien, wobei die Auswahlmöglichkeiten in Tschechien etwas besser sind. Man kann auch in zentraler Lage für ca. 10 Euro pro Person übernachten, sollte dann aber nicht viel verlangen. Beim Essen gibt es eine grosse Preisspanne: Wer sich mit einer bar mleczny (wörtl.: Milchbar) begnügt, kann für einen guten Euro satt werden. In Milchbars, eine Art Kantine, gibt es mehr als Milchprodukte. In den letzten Jahren schossen hochwertige restauracja wie Pilze aus dem Boden. Dort kann man schnell mal 10 Euro für ein komplettes Menü lassen.

Auch die Transportkosten halten sich in Grenzen, aber man muss beachten dass Polen kein kleines Land ist. Für die rund 400 km von Warschau nach Wrocław zahlt man mit dem Zug knapp 10 Euro.

Man kann mit 20 Euro pro Tag in Polen herumkommen, aber da beschränkt man sich auf das Allernötigste und hat nicht viel Spass dabei. Besser sollte man um die 30 Euro einplanen.

Anreise

Je nachdem von wo man anreist, sollte man evtl. das Flugzeug in Erwägung ziehen – es gibt mittlerweilen preiswerte Flüge nach Warschau, Kraków und andere Großstädte.

Es gibt ein paar internationale Fährverbindungen – so nach Ystad und Nynäshamn in Schweden und nach Kopenhagen. Es gibt auch einige Fähren von deutschen Ostseebädern auf Usedom nach Świnoujście (Swinemünde).

Mit dem Zug gibt es auch viele Möglichkeiten. Genial ist der Berlin-Warszawa-Express – fährt drei Mal am Tag, kostet rund 30 Euro für die ganze Strecke (rd. 20 von Frankfurt/Oder) und braucht gute 6 Stunden. Ansonsten gilt – bis zum ersten Bahnhof auf polnischer Seite fahren und dort für den polnischen Tarif ein Ticket kaufen ist am günstigsten. Es gibt ansonsten auch sehr viele Regionalzüge von Deutschland nach Polen.

Verkehrsknotenpunkt ist natürlich Warschau mit den beiden wichtigen Bahnhöfen Centralna und Wschodnia. Alle Züge aus dem Westen halten auch in Poznań. Der Ost-West-Express fährt von Brüssel (15½ h) über Köln (12 h) nach Warschau und weiter nach Osten. Nach Brest in derBelarus dauert es 4 h und kostet 13 Euro, nach Minsk braucht man 10 Stunden (vorher Visum besorgen!). Einige Züge fahren weiter nach Moskau (18 h) und Saratow.

Zwei Züge am Tag fahren nach Kiew. Dauert 17 h, einer der beiden Züge kommt aus Berlin (siehe Anreise Ukraine). Zudem gibt es direkte Züge nach Prag (9 h) über Olomouc (5h), nach Budapest (10 h) über Bratislava sowie einen direkten Zug nach Wien (7½ h).

Nützlich ist auch die Verbindung von Warschau nach Vilnius in Litauen. Dieser Hotelzug besteht nur aus drei Schlafwagen (jedenfalls im Winter) und braucht von Hauptstadt zu Hauptstadt 10 Stunden ± 1 h Zeitverschiebung. Der Zug von Warschau fährt nur an ungeraden Tagen ab – um 21:42. Am nächsten Morgen ist man um 08:50 Ortszeit in Vilnius. Achtung: Der Zug fährt nicht über weissrussisches Territorium – man braucht sich also keine Sorgen über Visa zu machen. Der Fahrpreis beträgt 19,30 € plus 16,00 € Schlafwagenzuschlag. Der Zug ist sauber, wird aber waggonweise lustigerweise noch mit Kohlen beheizt. Unterwegs hält der Zug in Białystok und in Kaunas.

Busse gibt es auch. Das Busunternehmen Eurolines fährt von Dänemark und einigen deutschen Städten nach Polen und weiter nach Vilnius, Riga und Tallinn. Mehr dazu siehe Webseite: www.eurolinijos.lt. Die Busse sind allesamt recht modern und so bequem wie ebend ein Bus sein kann.

Grenzübergänge

Polen grenzt im Norden an die Nordsee und ansonsten an sieben Länder, als da wären (im Uhrzeigersinn): Die russische Enklave Kaliningrad (Königsberg), Litauen, Belarus, Ukraine, Slowakei, Tschechien sowie nach Deutschland. Vor allem im Süden und Westen gibt es unzählige Grenzübergänge für Schiene und Strasse. Für aus dem Westen kommende Reisende sind die Übergänge Görlitz ↔ Zgorelec, Forst (bei Cottbus), Frankfurt/Oder ↔ Słubice, der zwischen Berlin und Szczecin (Stettin) sowie der bei Ahlbeck ↔ Świnoujście (Swinemünde) am wichtigsten.

Ein- und Ausreise

Es gelten die üblichen Zollregelungen der EU. Die Ein- und Ausreise geht fix, so dass man nach keinen fünf Minuten im Land ist. Es gibt auch nichts besonderes zu beachten. Nur die Ostgrenzen sind, da EU-Aussengrenzen, nicht ganz einfach. Für die Belarus und die Ukraine sowie zur russischen Enklave Kaliningrad unbedingt vorher ein Visum besorgen!!! Reisende mit dem Auto müssen an diesen Grenzen mit Problemen (lange Wartezeiten, strenge Kontrollen) rechnen, können das Procedere allerdings mit etwas papiergeldförmigen Schmiermitteln minimieren.

Essen und Trinken

Der Gedanke, zwei Wochen lang polnisches Essen haben zu müssen, hat mir früher regelmässig eine Gänsehaut und sich aufsträubende Nackenhaare beschert. Besonders die Kiełbasa (polnische Einheitswurst), rosa Knoblauchsuppen, labskausähnliche, undefinierbare Gewölle und die mayonnaiselastigen Salate kamen mir immer sehr verdächtig vor. Das alles gibt es heute immer noch, aber in besserer Qualität. Eins haben viele Gerichte in Polen gemein: Die Zutaten werden auf Erbsengrösse geschnitten und das Endergebnis sieht aus, als ob es aus dem Mixer kommt. Ich hoffe, die Polen verzeihen mir das folgende: Kulinarisch gesehen ist Polen das England Osteuropas, nur ohne Fish & Chips.

Oft sieht man in polnischen Restaurants Bigos – eine Art Wurst-Sauerkraut-Topf, der, vorausgesetzt man mag Sauerkraut, schnell satt macht und bei dem man nicht viel falsch machen kann. Auch typisch sind Gołąbki – Krautrouladen, wie man sie auch hierzulande oft findet. Auch pierogi sieht man gelegentlich – die ähneln den russischen Pelmeni (Teigtaschen). In Polen werden sie manchmal frittiert – davon sollte man lieber die Finger lassen. Placki Ziemniaczane – polnische Kartoffelpuffer – gibt es auch häufig. Aber wer nicht viel davon hält, kann sich auch in Spezialitätenrestaurants – von mexikanisch über italienisch bis jüdisch – versuchen.

Polen ist ein traditionelles Wódka-Land. Es gibt zahlreiche Sorten, wobei der Źubrówka mit dem Grashalm auch international bekannt wurde. Ist allerdings mit seinem leicht süsslichen Geschmack nicht Jedermanns Sache. Mittlerweilen gibt es auch viele Sorten Piwo (Bier), von denen einige, z.B. Okocim und EB, recht passabel sind. Im Gegensatz zu früher ist es kein Problem mehr, einen anständigen Espresso oder Kaffee zu bekommen.

Polnische Topographie, Natur und Klima

Polen ist nicht weit von Deutschland entfernt, und das gilt auch für die naturräumliche Gliederung. Schon mal in der Mark Brandenburg oder in Mecklenburg-Vorpommern gewesen? Dann kennen sie bereits weite Teile der polnischen Landschaft. Welche ihre besonderen Reize hat. Da wäre die über 500 km lange Ostseeküste mit langen, weissen Sandstränden und zwei grossen Nehrungen. Im Nordosten findet man die bekannte Masurische Seenplatte mit sanften Hügeln und unzähligen Seen – Zeugnis der letzten Eiszeit, die weite Teile des Landes geprägt hat. Als nächstes wäre da der Białowieża-Nationalpark nahe der Großstadt Białystok. Dieser beheimatet die letzten freilebenden Wisente Europas und gilt gleichsam als letzter urwaldähnlicher Bestand Europas. Allerdings liegt der grössere Teil des Parks in der Belarus (Weißrussland). Es gibt jedoch noch 21 weitere Nationalparks. Heutzutage sind gut ein Viertel des Landes waldbedeckt.

Der Südosten des Landes ist ebenfalls sehr ursprünglich, nur dünn besiedelt und mit seinen Hügeln und Bergen, auf denen sich Felder und Wälder abwechseln, sagenhaft schön. Die Mitte Polens ist hindes nicht allzu interessant – das Land ist vorwiegend flach und oft stark zersiedelt. Schön wird es wieder entlang der Südgrenze des Landes. Im Westen liegt das bekannte Riesengebirge als Teil des Sudetengebirges, viel weiter östlich hingegen liegt das einzige Hochgebirge des Landes – die Hohe Tatra. Diese teilt sich Polen mit dem südöstlichen Nachbarn, der Slowakei. Das trifft auch auf den höchsten Gipfel des Landes zu – dem 2499 m hohen Rysy , den man somit, ohne polnisches Territorium zu betreten, vom Süden her besteigen kann. Dazu braucht man beileibe keine Bergsteigererfahrung, aber Höhenangst sollte man nicht haben. Auf dem Gipfel erwartet einen zum Lohn der Mühe eine Leninplakette. Toll.

Da Polen nicht so dicht besiedelt ist wie andere Teile Mitteleuropas, findet man schneller unberührte Orte – selbst im Westen des Landes. Flüsse sind weniger begradigt, viele Wälder unberührter. Klimatisch gesehen gibt es nicht viel Sensationelles zu berichten. Nach Osten hin wird das Klima kontinentaler, sprich die Winter sind länger und kälter und die Sommer recht mild mit Niederschlagsspitzen in den Sommermonaten. Damit hat so ziemlich jede Jahreszeit in Polen ihren Reiz.

Geschichte – kurzer Überblick

Polens Geschichte ist selbst für die verworrenen europäischen Verhältnisse äußerst tragisch verlaufen. Um es anders auszudrücken – nur selten genoß das Land so harmonische Verhältnisse wie jetzt. Aber erstmal zu den Ursprüngen: Die Polanen (Polen) siedelten eigentlich erst ab dem 6. Jahrhundert im heutigen Polen – zuvor siedelten hauptsächlich Germanen, z.B. die Goten, in der Region, bevor sie wohl von den Hunnen und anderen auf Wanderung befindlichen Völkern vertrieben wurden.

Slawische Stämme eroberten die Region und drangen weit nach Westen vor – wie weit sie kamen, lässt sich noch heute anhand der deutschen Ortsnamen erkennen (siehe z.B. die Linie zwischen Delitzsch und Bitterfeld). Die slawischen Stämme gründeten aber im heutigen Polen lange Zeit keinen Staat. Erst entstanden slawische Fürstentümer, doch die schlossen sich erstmal weiter südlich zusammen zum Reich der Großmährer zusammen (siehe Geschichte Tschechiens) – das war im Jahre 830 und umfasste weite Teile des heutigen Polens. Ab dem Jahr 900 zogen jedoch die Magyaren (siehe Geschichte Ungarns) über 50 Jahre lang plündernd durch die Region. Im Jahre 966 schaffte es schließlich Herzog Mieszko I., das erste polnische Herzogtum zu gründen – dafür musste er freilich das Christentum annehmen. Allerdings war das Herzogtum ziemlich klein und erstreckte sich um das heutige Poznań.

Mieszko’s Sohn, Bolesław der Tapfere, leitete nach Mieszkos Tod die Geschicke des Landes. Damals gehörten auch weite Teile der heutigen Mark Brandenburg den Polen. Deshalb heisst auch heute noch die westliche Provinz Polens Województwo lubuskie (Woiwodschaft Lebus) – obwohl Lebus am linken Oderufer liegt. Boleslaw wurde vom Papst im Jahr 1025 zum ersten polnischen König ernannt.

Mieszko und Boleslaw begründeten die Piasten-Dynastie, die lange Zeit Polen regierte. Dank zahlreicher Eroberungen wurde Polen bald in etwa so groß wie es heute ist. Die Hauptstadt wurde nach Kraków (Krakau) verlegt. Das Land wurde jedoch von Tataren im Süden und deutschen Ordensrittern im Norden stark geschwächt. Im 14. Jahrhundert ging dem polnischen Königreich Hinterpommern und Schlesien verloren – bis 1945 sollten diese Gebiete deutsch bleiben. Der letzte Piast, Kazimierz III Wielki (Kasimir der Große) schaffte es in seiner Herrschaftszeit von 1333 bis 1370, Polen wieder zu einigen und vor allem zu vergrössern – weite Teile der heutigen
Ukraine gehörten damals zum polnischen Königreich.

Da den Piasts die männlichen Nachkommen ausgegangen waren, wurde durch Heirat ein Bündnis mit dem damals schon mächtigen Litauen geschlossen – der litauische Herrscher Jagiełło wurde 1386 auch zum Herrscher Polens und die Litauer als letzte Europäer christianisiert. Die Dynastie der Jagielloner sorgte für eine nie gekannte Blütezeit – Polen und Litauen wurden zu einer europäischen Großmacht, die bis zum Schwarzen Meer reichte und selbst die deutschen Ordensritter 1410 aus der Gegend vertrieben.

Das Land erlebte eine verhältnismässig ruhige Epoche, in der Kunst und Wissenschaft florierten. 1569 vereinigten sich Litauen und Polen vollends, wobei Polen die dominierende Rolle spielte. Allerdings endete vier Jahre später die Dynastie der Jagielloner – stattdessen wurden die Könige nun gewählt. Die Adelsrepublik Polen-Litauen umfasste damals auch das heutige Lettland sowie die Belarus sowie weite Teile der Ukraine und war damit lange Zeit das grösste Land Europas. Ein Grund dafür war die Tatsache, dass man sich nicht mit Religionskriegen herumärgern musste. Polen war stets katholisch, blieb aber tolerant gegenüber anderen Religionen, so dass auch viele Juden eine Hochkultur erlebten. 1596 wurde die Hauptstadt in das zentraler gelegene Warszawa (Warschau) verlegt.

Im 17. und 18. Jahrhundert wurde es turbulenter. Es kam zu Kriegen mit Moskau, den Osmanen, Kosaken und mehr. Ende des 18. Jahrhunderts kam der Niedergang. Innenpolitisch unfähig zu reagieren, wurde Polen bei der Ersten Polnischen Teilung 1772 durch Preußen die Stadt Gdánsk, das Ermeland und Westpreußen, von Russland der Osten von Weißrussland und von Österreich-Ungarn Galizien, also die Region um das heutige L’viv (Lemberg), entrissen.

Der Rest Polens entwickelte sich jedoch weiter prächtig, und 1791 gab sich das Land die erste geschriebene Verfassung Europas, was damals sehr fortschrittlich war. Das interessierte die Großmächte wenig. 1793 kam es zur Zweiten Teilung Polens. Preußen griff sich die die Województwo wielkopolskie (Großpolen) rund um Poznan, Rußland nahm sich den Rest Weißrusslands, Schwarzrussland, Kleinrußrussland und Podolien (heute Teile der Belarus, Ukraine und Transnistriens). Es kam zu massiven Aufständen gegen die Okkupanten,weshalb die drei Supermächte 1795 die Dritte Polnische Teilung bzw. die endgültige Auflösung Polens beschlossen. Westgalizien inkl. Kraków fiel an die k.u.k. Monarchie, Neuostpreußen und Neuschlesien an Preußen sowie der Rest der heutigen Belarus und weite Teile Litauens sowie das Kurland (der Osten Lettlands) an das Zarenreich.

1807 fegten die napoleonischen Truppen durchs Land und schufen das Großherzogtum Warschau, doch nach Napoleon wurde das Land wieder geteilt, was durch den Wiener Kongress 1815 bestätigt wurde. Zwar sollten die Rechte der Polen von allen drei Besatzungsmächten geachtet werden, doch in Wahrheit wurden die Rechte von Preußen, Russland und Österreich-Ungarn mehr oder weniger stark beschnitten. Demzufolge kam es zu mehreren grossen Aufständen, darunter auch bürgerkriegsähnliche Zustände im russisch besetzten Teil.

Im Ersten Weltkrieg köderte Deutschland Polen mit der Aussicht auf die Schaffung eines Unabhängigen Königreichs Polen, was 1916 auch durchgesetzt wurde. 1917 kam die russische Oktoberrevolution dazwischen. Polen wurde zum ersten Mal seit 122 Jahren das Recht auf Unabhängigkeit eingeräumt. Die wurde 1918 durch den Vertrag von Brest-Litowsk bestätigt. Zwar wurde der Vertrag nach der Niederlage Deutschlands wieder annulliert, doch Polen blieb unabhängig. Teile der vormals russisch besetzten Gebiete sowie vormals von Deutschen besetzte Gebiete gehörten zum neuen Polen – darunter auch ein Zugang zur Ostsee bei Gdynia (Gdingen).

In Russland herrschte noch ein blutiger Bürgerkrieg zwischen Bolschewiki, Menschewiki und anderen Parteien. Polen nutzte die Gunst der Stunde, um unter der Führung des Marschalls Piłsudski die ehemaligen Ostgebiete zurückzuerobern. Die polnische Armee verbuchte schnell beträchtliche Landgewinne und fügte der jungen Roten Armee empfindliche Verluste zu – obwohl die nach einer Gegenoffensive schon vor Warschau standen. So fielen Gebiete bis einschliesslich Vilnius und L’viv (Lemberg) an Polen. 1921 wurde mit der Sowjetunion schliesslich in Riga ein Friedensvertrag ausgehandelt.

Piłsudski setzte nach einem Staatsstreich 1926 die parlamentarische Demokratie ausser Kraft und regierte das Land fortan eher diktatorisch. 1935 verstarb er jedoch, was Polen fortan schwächte. Am 1. September 1939 kam erneut eine Katastrophe über das Land. Schon vorher hatten Deutschland und die Sowjetunion im geheimen Zusatzprotokoll des Nichtangriffspaktes die nunmehr fünfte Teilung Polens beschlossen. Als erstes rückte Deutschland ein. Ein fadenscheiniger Angriff auf den Sender Gleiwitz wurde als Vorwand benutzt, einzufallen. Als erstes wurde eine x-beliebige Kleinstadt ausgewählt und aus der Luft bombardiert – viele Zivilisten fielen dem zum Opfer. Polen leistete Widerstand, hatte aber der geballten Kraft der Wehrmacht nicht viel entgegenzusetzen. Dieser Blitzkrieg markierte zwangsläufig den Beginn des Zweiten Weltkrieges, denn die polnischen Verbündeten Großbritannien und Frankreich erklärten umgehend Deutschland den Krieg.

Schon bei der Besetzung Polens spürten die Einwohner, was auf sie zukommen würde. Städte wurden massiv bombardiert – so auch die Hauptstadt. Ab dem 17. September erfüllten die Sowjets ihren Teil und rückten bis zum Bug vor. Nach nur drei Wochen hatte die Wehrmacht ganz Polen unter Kontrolle. In Polen zeigte das Dritte Reich sein hässliches Gesicht. Das Land wurde systematisch zerstört. Man geht von rund 2,8 Mio ermordeten Polen und mindestens genau so vielen ermordeten Juden aus. Aufstände und Partisanenaktionen, zum Teil organisiert von der Exilregierung in London, machten jedoch deutlich, dass das Land nicht völlig unter Kontrolle zu bringen war. Nennenswert sind vor allem der
Ghettoaufstand von Warschau 1943 sowie ein weiterer, vom polnischen Widerstand organisierter Aufstand in der Hauptstadt 1944 – beide Aufstände zogen sehr großes Leid mit sich.

Die Rote Armee schaute erstmal zu, wie die Wehrmacht den Aufstand in Warschau mit aller Macht niederschlug. Dann erst rückte sie weiter vor, so dass bis Anfang 1945 das ganze Land befreit war. Befreit? Die Sowjets zögerten nicht lange und eliminierten erstmal das polnische Offizierskorps und andere, möglicherweise störende Elemente. Bei den Abkommen von Tehrān, Jalta und Potsdam wurden die neuen Grenzen Polens festgelegt. Um es kurz zu sagen – ganz Polen wurde ein paar hundert Kilometer nach Westen verschoben. Zugunsten der Sowjetunion, zuungunsten Deutschlands. Fortan sprach man in der DDR von der Oder-Neiße-Friedensgrenze. Schlesien, Ostpreußen, Hinterpommern und andere Gebiete gingen verloren. Dies brachte ethnische Säuberungen mit sich. Polen wurden brutal aus der Ukraine vertrieben, Ukrainer aus Polen, sowie Millionen Deutsche aus dem heutigen Polen. Was blieb war ein tiefer Hass auf Deutschland und auch auf die Sowjetunion.

Stalin war der Meinung, daß das „…einführen des Kommunismus in Polen zu vergleichen sei mit dem Satteln einer Kuh“. Recht hatte er. Zahlreiche Aufstände, vor allem 1956, 1968, 1970 und 1976, sorgten für chaotische Zustände. 1980/81 lähmte ein großer Streik das Land, selbst das Kriegsrecht wurde verhängt. Die kommunistische Führung war isoliert. Jahrelang durften noch nicht einmal DDR-Bürger nach Polen reisen. Auch wirtschaftlich war das Land nicht erfolgreich – trotz Planwirtschaft galoppierte in Polen die Inflation. Die oppositionelle Gewerkschaft Solidarność (Solidarität) wurde immer mächtiger. 1989 kam es zu den ersten freien Wahlen, bei denen die Kommunisten nicht einen einzigen Sitz gewannen.

Rot, roter, polnischer Kommunismus...
Rot, roter, polnischer Kommunismus…

Das war der Todesstoß für die Kommunisten. 1990 trat der unbeliebte Jaruzelski zurück und machte Platz für den populären Gewerkschaftsboss Lech Wałęsa, der zum ersten demokratisch gewählten Präsidenten gekürt wurde. Nun wurden die Ärmel hochgekrempelt: Die Kirche, schon immer stark in Polen, übte verstärkt Einfluss aus. Die Wirtschaft und das politische System wurden reformiert. Im Mai 2004 trat Polen schließlich der EU und schon vorher der NATO bei. Polen wurde zum wichtigsten Partner der USA auf dem Festland während des Irak-Krieges. Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt. Eine hohe Arbeitslosigkeit, steigende Kriminalität und eine starke Verarmung einiger Bevölkerungsgruppen bleiben eine Herausforderung. Andererseits hat sich das Verhältnis zu Deutschland und der Ukraine spürbar verbessert.

Mehr zum Lesen: Interessante Links

  • www.poland.gov.pl: Offizielle, polyglotte Webseite der Regierung – auch auf Deutsch und ziemlich umfangreich. Vorbildlich!
  • www.tourismus-polen.de: Bietet sehr viele brauchbare Informationen über die verschiedenen Landesteile und Sehenswürdigkeiten. Und bietet praktischerweise auch Touren nach Polen an.
  • www.urlaub-polen.de/: Deutsches Portal für potentielle Polen-Urlauber. Durchaus brauchbar.
  • www.info-polen.com/: Vielversprechendes deutsches Portal über Polen.
  • www.schoenes-polen.de: Gelungene und durchaus hilfreiche Webseite zweier engagierter Freunde des Landes.
  • www.blickpunkt-polen.de: Auch diese Seite enthält sehr viel Nützliches und ist einen Besuch wert.
Ins schöne Litauen Nur was für Fans: Belarus (Weissrussland) Sollte man sich nicht entgehen lassen: Die Ukraine Wärmstens empfohlen - die Slowakei Zur Startseite von Tabibito In jeder Hinsicht ein Muß: Tschechien In die Hauptstadt Warschau Durchaus sehenswert: Poznan Kultur pur: Wroclaw alias Breslau Nach Szczecin

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