Sarajevo

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Allgemeines

Name

Lage von Sarajevo
Lage von Sarajevo

Sarajevo. Im deutschsprachigen Raum auch oft Sarajewo geschrieben. Der Name stammt von dem türkischen Begriff Saray Ova – Saray bedeutet „Schloss“, Ova ist die „Ebene“. Sarajevo bedeutet also Die Ebene mit dem Schloss.

Lage

Die Hauptstadt liegt im Osten von Bosnien-Herzegowina in einem grossen Talkessel. Im Westen der Stadt fliesst der grössere Fluss Bosna von Süd nach Nord; die Stadt erstreckt sich allerdings mehr entlang des vom Osten kommenden Flusses Miljacka, welcher schliesslich in die Bosna mündet. Im Norden und Süden der Stadt reihen sich bis über 1500 m hohe Berge aneinander. Nur 20 km östlich liegt die Kleinstadt Pale, von der aus die bosnischen Serben während des Krieges die Fäden zogen. Die RS (Republika Srpska) beginnt bereits in den südlichen Vororten von Sarajevo. Ansonsten liegt die Hauptstadt auf dem Territorium der FD.

Einwohner

Sarajevo ist gar nicht so gross – die Stadt hat lediglich rd. 522’000 Einwohner (1999). Darunter wahrscheinlich nur sehr wenige Serben – die meisten sind Bosniaken und Kroaten. Damit ist Sarajevo die grösste Stadt des Landes.

Blick auf die Twin-Towers von Sarajevo
Blick auf die Twin-Towers von Sarajevo

Stadtbild

Achtung: Alles, was hier steht, bezieht sich auf das Jahr 2001. Es ist damit zu rechnen, dass sich vieles inzwischen verändert hat!

Die Lage im Talkessel entlang des Flusses wurde der Stadt zum Verhängnis, denn die bosnischen Serben konnten von allen Seiten bequem die Stadt belagern und beschiessen. Noch heute sieht man die Belagerungsgrenze: Aufgrund des Strommangels und der Kälte während der Belagerung wurde jeder Baum bis zur Frontlinie gefällt. Die Altstadt befindet sich ziemlich weit im Osten der Stadt, nördlich des Flüsschens Miljacka. Der Fluss wird von vielen Brücken überspannt, darunter auch der Tatort des Attentates von 1914. Quer durch den Nordteil der Stadt, immer parallel zum Fluss, verläuft die breite Strasse Zmaja od Bosne, besser bekannt durch den Namen Sniper Alley (Scharfschützenallee).

Bahnhof und Busbahnhof (der FD-Seite wohlgemerkt) liegen sich gegenüber und sind nicht weit von der Hauptstrasse entfernt. Bis zum Zentrum ist es jedoch weit. Vor dem Bahnhof fahren Strassenbahnen gen Zentrum. Die Eisenbahn endet hier – alle Züge kommen von Westen und fahren nach Westen. Die meisten olympischen Sportstätten liegen nördlich des Bahnhofs. Kriegsschäden sind omnipräsent, aber die werden von Jahr zu Jahr weniger (mehr dazu siehe unten).

Geschichte

Sarajevo wurde wahrscheinlich erst relativ spät, ca. im 15. Jhd., zur Stadt. Damals herrschten die Türken in der Region, weshalb die Stadt auch einen türkischen Namen trägt. Die Herrscher der Provinz herrschten seit jeher in Sarajevo. Die Stadt war bis 1878 türkisch und hat in der Altstadt ein türkisches Flair erhalten – weniger offensichtlich jedoch als z.B. in Mostar oder Skopje. Nach 1878 gehörte sie zu Österreich-Ungarn und wurde zu einem Widerstandszentrum gegen die neuen Besatzer. Am 28. Juni 1914 schliesslich wurde mitten auf einer Brücke im Zentrum der Stadt der österreichische Erzherzog Franz Ferdinand von Gavrilo Princip, einem bosnischen Serben, in seinem offenen Wagen erschossen. Der Attentäter landete daraufhin im Karzer der Festung Terezín (Theresienstadt), was den Ersten Weltkrieg auslöste (siehe Geschichte Bosniens).

Im Zweiten Weltkrieg war Sarajevo nebst Umland ein Zentrum der Partisanen. Nach der Befreiung wurde die Stadt Hauptstadt der Föderativen Republik Bosnien-Herzegowina. Auch zu jugoslawischen Zeiten, wie bereits vorher, war Sarajevo sehr multikulturell – hier lebten muslimische Bosniaken, Kroaten, Serben, Juden, Türken usw. friedlich zusammen. 1984 war ein Höhepunkt für die Stadt – die 14. Olympischen Winterspiele wurden hier ausgetragen.

Nach dem Volksentscheid zur Unabhängigkeit 1992 begann die Tragödie. Im Juni 1992 schlossen bosnische Serben mit Hilfe der JNA (Jugoslawische Volksarmee) einen Belagerungsring um die Stadt. Man machte die Bevölkerung mürbe – Wasser, Strom und Versorgung wurden nahezu komplett gedrosselt. Hinzu kam der permanente Beschuss mit leichten und schweren Waffen. Die Hauptstrasse zu überqueren ist lebensgefährlich – Scharfschützen nehmen Jeden, der es versucht, aufs Korn. Gute 41 Monate wird die Stadt insgesamt belagert. Dabei kamen Schätzungen zufolge 16’800 bis 20’000 Einwohner ums Leben. Die einzige Verbindung zur Aussenwelt war zu der Zeit ein Tunnel unter dem Flughafen. Mit Waffengewalt konnte schliesslich die UNO endlich bewirken, dass die bosnischen Serben im September 1995 die schweren Waffen abziehen und die Belagerung beenden. Seitdem bemüht man sich redlich, die Stadt wieder aufzubauen.

Anreise

Zu Beachten ist, dass es zwei Busbahnhöfe gibt. Wer von Orten in der Republika Srpska (RS) anreist, wird in Lukavica, einem Vorort im RS-Gebiet im Süden der Stadt, ankommen. Ansonsten kommt man im oben beschriebenen zentraleren Busbahnhof an. Da Sarajevo die Hauptstadt ist, kommt man von überall relativ leicht hin. Fliegen kann man auch – der Flughafen liegt keine 15 km vom Zentrum entfernt im Westen.

Es gibt einen Zug pro Tag nach Budapest (12 h) sowie Busse nach Split, Dubrovnik, Belgrad (von der RS-Seite), ZagrebBanja Luka (Hauptstadt der Republika Srpska) u.v.m. Für genauere Informationen siehe Reisetipps Bosnien.

Sehenswertes

Sarajevo hat mindestens drei Gesichter – alle mehr oder weniger stark durch den Krieg gezeichnet. Da wäre das alte, türkische Sarajevo mit Basaren und engen Gassen im Stadtviertel Baščaršija. In unmittelbarer Nachbarschaft dazu, vor allem aber entlang des Nordufers des Flüsschens Miljacka, das habsburgische Sarajevo. Sowie, vor allem entlang der Hauptstrasse Richtung Westen, das neue, moderne Sarajevo mit den UNIS-Twin Towers als Blickfang. In den ersten beiden Bereichen wurden die meisten Kriegsschäden halbwegs beseitigt.

Latinski-Brücke im Zentrum
Latinski-Brücke im Zentrum

Südlich des Zentrums überspannen einige Brücken den Fluss. Eine der Brücken heisst Latinski-Brücke (früher Princip-Brücke). Auf dieser Brücke wurde 1914 der österreichische Kronprinz bei einem Attentat erschossen, was die Lawine ins Rollen brachte und den Ersten Weltkrieg entfachte. Dumm nur, dass Princip ein bosnischer Serbe war – während des Krieges wurde eine Gedenkplakette herausgerissen.

Ein Spaziergang entlang des grünen Südufers ist durchaus empfehlenswert. Der Anblick der prachtvollen Häuserzeile auf der Nordseite rechtfertigt das allemal. Das dem Zentrum gegenüberliegende, schon etwas hügelige Stadtviertel Skenderija ist ebenfalls recht schön.

Das habsburgische Sarajevo entlang des Flusses
Das habsburgische Sarajevo entlang des Flusses

Zu den Prachtbauten zählen unter anderem das Stadtmuseum, das staatliche Theater, sowie, weiter östlich und am Rande des Zentrums, die österreich-ungarische Nationalbibliothek. Läuft man von dort gen Westen die ul. Mula Mustafa Bašeskija genannte Hauptstrasse entlang, kommt man auch schon nach wenigen hundert Metern ins Herz der Stadt – rund um die Ewige Flamme. Südlich besagter Strasse verläuft parallel dazu die Ferhadija Sarači genannte Prachtmeile und Fussgängerzone.

Römisch-Katholische Kathedrale
Römisch-Katholische Kathedrale

Was beim Laufen durch die Innenstadt auffällt, sind die zahlreichen verschiedenen Gotteshäuser jeglicher Religionen. Gut, an einem buddhistischen Tempel mangelt es (noch!?), aber ansonsten sind alle Weltreligionen vertreten. Es gibt orthodoxe und katholische Kirchen, ein paar Moscheen und eine alte Synagoge. Um sein Seelenheil bei einem Besuch in Sarajevo muss man also nicht fürchten. Auffällig ist die zweitürmige Rimokatolička Katedrala (Römisch-Katholische Kathedrale) direkt an der Fussgängerzone, in der sich moderne Café’s und Boutiquen aneinanderreihen. Wenn man sich hier umschaut, vergisst man leicht, dass hier noch vor kurzem der Krieg tobte.

In Sichtweite davon befinden sich die anderen Gotteshäuser. Nur wenige Schritte davon entfernt liegt der
Tržiste genannte, kleine Marktplatz. Der wird immer noch genutzt und ist sehr gut besucht. Das war er auch am 5. Februar 1994, als mitten im Markt Granaten einschlugen und ca. 68 Menschen töteten. Die Bilder des Angriffs erschienen auch weltweit in den Nachrichten, bewirkten aber so weit erstmal nichts.

Läuft man vom Zentrum an der den Opfern des Zweiten Weltkrieges gewidmeten Ewigen Flamme vorbei gen Westen, so ändert sich der Name der breiten Hauptstrasse in ul. Maršala Tito (Tito-Str.). Die mündet in die breite Strasse Zmaja od Bosne – die Hauptader der Stadt mit lebhaftem Auto- und Strassenbahnverkehr. In Höhe des Bahnhofs stehen das Historische- und Nationalmuseum. Gegenüber davon stehen die modernen Twin-Tower UNIS – zwei moderne Hochhäuser, die im Krieg arg gelitten haben. 2001 waren die Restaurierungsarbeiten halb abgeschlossen, so dass sie nun wieder im neuen Glanz erstrahlen sollten. Daneben steht das ebenfalls bereits runderneuerte Holiday Inn, welches im Krieg die Journalisten beherbergte und ebenfalls oft zur Zielscheibe wurde. Kein Wunder – es war nur ca. 300 m von der Front im Süden entfernt.

Wohnhaus in Hrasno
Wohnhaus in Hrasno

Hinter dem Hotel geht es, den Strassenbahnschienen entlang, zum Bahnhof und Busbahnhof. Läuft man am Bahnhof vorbei weiter gen Norden, kommt man in das bergige Stadtviertel Koševo. Hier stehen viele der olympischen Sportstätten. Und ein Stadion. Die olympischen Spiele sind vergessen – hier erstrecken sich nunmehr schier endlose Gräberfelder voller weisser Holzkreuze. Auch auf dem Stadiongelände wurden die Toten begraben.

Zurück zur Hauptstrasse. Die führt direkt zum Flughafen und stellte, durch einen Tunnel unter dem Flughafen, die einzige Verbindung zur Aussenwelt während des Krieges dar. Aufgrund dieser Tatsache und der, dass die Strasse sehr breit ist, war diese Strasse permanent unter Beschuss und bekam so den Beinamen Sniper’s Alley (Scharfschützenallee). Wer auch immer die Strassen überquerte, musste schnell sein. Das gleiche galt für sämtliche Brücken. Auf der Vrbanja-Brücke erinnert eine Gedenktafel an eine Medizinstudentin, die auf der Brücke erschossen wurde und wahrscheinlich das erste Opfer in dem Konflikt war.

Die Stadt wurde nicht nur belagert – es kam auch direkt zu Kämpfen, vor allem entlang des Südufers des Flusses. So auch in den Wohnvierteln Grbavica und Hrasno südwestlich des Zentrums. Die grossen Wohnhäuser waren schwer umkämpft. Hier lebten vormals viele Serben, die beim Abzug verbrannte Erde hinterliessen. Einige Bereiche in Grbavica sind noch immer gesperrt. Die zerschossenen Wohnviertel in Hrasno (siehe Foto) sind zur merkwürdigen Normalität zurückgekehrt. Im Erdgeschoss des Wohnhauses auf dem Foto befindet sich ein ganz modernes Café, in dem man gemütlich seinen Espresso schlürfen kann. Die Gegend dürfte jedoch mittlerweile besser aussehen.

Umgebung

In unmittelbarer Umgebung gibt es einige Wintersportorte, die mitunter auch während der Olympischen Spiele genutzt wurden. Ca. 20 km östlich von Sarajevo liegt Pale, von wo aus die bosnischen Serben einst ihren Feldzug koordinierten. Frei rund um Sarajevo herumlaufen sollte man noch nicht unbedingt – schliesslich wurde hier sehr, sehr viel geschossen, und so mangelt es nicht an Minen und Blindgängern.

Übernachtung

Wir hörten von der günstigen Unterkunft Pansion Train auf einem Abstellgleis nördlich des Bahnhofs. Ist, wie der Name bereits sagt, in Eisenbahnwaggons untergebracht. 2001 jedoch war diese Pension allerdings geschlossen – für immer !?

In Sarajevo mangelt es offensichtlich an wirklich billigen Unterkünften. Hostels gibt es nicht. Keine schlechte Idee ist es, sich ein Privatzimmer zu mieten. Wirkliche Schnäppchen sollte man aber nicht erwarten. Bosnia Tours, vermittelt ohne Umschweife extrem zentrale Zimmer ohne Provision – allerdings kostet ein Doppelzimmer dementsprechend 70 KM (€ 35). Natürlich ist die Unterkunft je nach Familie, der man zugeordnet wird, unterschiedlich. Frühstück kostet natürlich extra. Wer ohne lange zu suchen zentral wohnen will, ist hier richtig. Ausserdem kann man sich so etwas mit Einwohnern anfreunden. Wir erfuhren von unseren Gastgebern viel über das Leben während der Belagerung.
Adresse: ul. Maršala Tita 54, Tel.: 033-202 207.

WWW

  • www.sarajevo-tourism.com/eng: Englische Seite des Tourismusamtes von Sarajevo. Nach Übernachtungsgelegenheiten kann man auch suchen. Und direkten Bussen von Deutschland und anderswo inkl. Abfahrtszeit!
  • www.klickanleitung.de/fotos: Interessante Fotos nebst kurzer Erklärung (wenn auch nicht immer 100% richtig) von Sarajevo. Deutsch.

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