Tbilisi

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Tbilisi თბილისი

Tag 5: Tbilisi. Hier geht die Reise weiter: Tag 6: Tbilisi > Jerevan
Bahnhof von Batumi... und eine der zahllosen Kühe
Bahnhof von Batumi… und eine der zahllosen Kühe

Kurz nach sieben weckte uns der zugegebenermassen nicht so freundliche Schaffner. Ein Blick aus dem Fenster zeigte uns eine in mildes Morgenlicht getauchte, wilde Landschaft mit einem kleinen Fluss und schroffen Hügeln im Hintergrund und völlig verrotteten Industrieanlagen hier und da im Vordergrund. Kurz vor acht – pünktlich wohlgemerkt – fuhren wir in Tbilissi ein. Auf dem schmutzigen Bahnhof wuselten hunderte Menschen mit viel Gepäck. Bald fanden wir eine Treppe und stiegen hinab. Ein langer, so unebener und schmutziger wie dunkler Gang führte nach draussen – mit nur einer nackten, von der Decke baumelnden Glühbirne an jedem Aufgang. Die Suche nach einem Kaffee zum Frühstück führte uns zu einer der zahlreichen Imbissstände vor dem Bahnhof. Dort sprach uns prompt ein ziemlich Betrunkener an. Wo wir herkämen, warum wir eigentlich nach Georgien kämen, ob wir einen Schnaps mit ihm trinken usw. Wir beliessen es bei Kaffee. Künstler sei er, mehr aber wohl Lebenskünstler, und es sei ja nun mal egal, ob man morgens oder abends trinkt. Und wir sollten uns besser schnell vom Bahnhof entfernen, denn dort gäbe es viele schlechte Menschen. Das glaubten wir ihm gern. Er bestand noch darauf, unseren Kaffe zu bezahlen, und wünschte uns alles Gute.

Zu Fuss – wir hatten ja Zeit, machten wir uns auf die Suche nach einer Adresse im Stadtinneren, wo man, so der Tipp, für wenig Geld in einer Familie übernachten kann. Auf dem Weg durch die kühlen, baumgesäumten Strassen, suchten wir eine Bank mit Geldautomaten – erfolglos. Nach längerem Suchen und ein bisschen herumfragen fanden wir die gesuchte Adresse in einem Hinterhof. Eine freundlich wenn auch streng aussehende, ältere Frau kam aus dem Haus. Ja, wir können übernachten, sagte sie, und zeigte uns ein riesiges Wohnzimmer mit einem Doppelbett. 5 Dollar pro Person – zahlbar nur in Dollar. Das klang vernünftig. Und so machten wir uns sofort wieder auf den Weg zur Stadterkundung.

Stadtplan von Tbilissi
Stadtplan von Tbilissi

Tbilissi alias Tbilisi alias Tiflis hat ca. 1.5 Mio Einwohner – nahezu 30 % der Georgier leben hier. Der Mtkvari-Fluss teilt die Stadt in Nord und Süd bzw. in Left Bank und Right Bank mit der eigentlichen Altstadt auf der Südseite bzw. dem Rechten Ufer. Der Bahnhof ist hingegen im Nordwesten und etwas abseits gelegen. Obwohl die Stadt in den letzten 1’500 Jahren mindestens 30 mal von diesen und jenen erobert wurde, gibt es viele historische Stätten zu sehen. Doch nicht nur die – auch die kosmopolitische, lebendige Atmosphäre der Stadt macht Tbilissi zu einem Muss für jeden Georgien-Besucher. Die sozialistische Architektur rund um das jetzige Flüchtlingsquartier Hotel Iveria, die vielen Kirchen nahe der Methekis-Brücke zwischen Erekle II Kucha und Abesadzis Kucha (Kucha bedeutet Strasse), das mondäne Tbilissi mit zahlreichen Regierungsgebäuden und schönen Geschäften entlang der Rustaveli Gamziri und der Ausblick auf die Stadt von der Narikala-Festung – es gibt viel zu sehen in der Stadt, und alles ist mehr oder weniger in Laufweite.

Im Zentrum von Tbilissi am Mtkvari-Fluss, das Hochhaus links ist das besagte Hotel Iveria
Im Zentrum von Tbilissi am Mtkvari-Fluss,
das Hochhaus links ist das besagte Hotel Iveria

Das Hotel Iveria (siehe Detailaufnahme unter Georgien) mit dem grossen Springbrunnen und den monumentalen aber interessanten Betonformationen davor ist ein Phänomen – scheinbar findet man wirklich keine Lösung für die Bürgerkriegsflüchtlinge, so dass diese jahrelang unter zweifelhaften Umständen aber immerhin in bester Lage – auch wenn es ihnen nichts nützt – leben müssen. Gleich nebenan beginnt die Prachtstrasse Rustaveli Gamziri – eine schöne, breite Strasse mit vielen interessanten Gebäuden und definitiv zu starkem Verkehr.

Wenn man die Rustaveli Gamziri entlang läuft, stößt man auf den Tavis-Uplebis Moedani (Moedani heisst Platz) und der nahgelegenen Galerie für moderne Kunst sowie dem Janashia-Museum über Georgien. Am Tavis-Uplebis-Platz gibt es auch eine Bank, die gerade Geldautomaten installiert, wo man aber auch so auf Kreditkarten Bares bekommt. Schwenkt man nun Richtung Mtkvari-Fluss, kommt man in das ganz alte, eng bebaute Zentrum der Stadt entlang der Shavtelis-Kucha. Dort reihen sich zahlreiche Kirchen, Galerien und Museen aneinander, die alle aufzuzählen hier den Rahmen sprengen würde.

Kirchengesäumte Shavtelis Kucha in Tbilissi; ganz klein im Hintergrund Mutter Georgien
Kirchengesäumte Shavtelis Kucha in Tbilissi;
ganz klein im Hintergrund Mutter Georgien

Interessant sind die senkrechten Felswände entlang des Mtkvari-Flusses gleich hinter der Metekhis-Brücke. Am rechten Ufer hingegen thront die gleich hinter der Armenischen St. George-Kathedrale die Narikala-Festung
über der Stadt. Diese ist leicht zu erklimmen. Vor der Festung kommt man allerdings zuerst in die St Nicholas-Kirche. Eine alte, zahnlose Frau – offensichtlich die „Hausmeisterin“ – näherte sich uns und sagte, wo wir in die Kirche hineingegen können. Und bat um etwas Geld. Ich gab ihr einen Lari, und sie freute sich. Als wir aus der Kirche herauskamen, kam sie wieder und erzählte ihre Lebensgeschichte – in zwei Minuten. Fazit – „Bitte, darum gebt mir einen Dollar“. Einmal reichte wohl nicht…sicher leben viele in bitterster Armut in Georgien, denn soziale Wohlfahrt ist verschiedenen Quellen zufolge praktisch nicht existent – andererseits, wenn man jedem, der in Georgien um Geld bittet, auch welches geben würde, könnte man gar nicht genug mitbringen. Und nachdem man Geld bekommen hat, die gleiche Person nochmal zu bitten, kann ich persönlich nicht nachvollziehen.

Von der Festung selbst – die ältesten Mauern stammen wohl aus dem 4. Jhd., ist nicht mehr viel übrig – Folge einer riesigen Explosion 1827. Von dort hat man allerdings einen sehr schönen Überblick über die gesamte Stadt. Läuft man etwas weiter den Kamm entlang, trifft man auf Kartlis Deda, die „Mutter Georgiens“, einer riesigen, weithin sichtbaren Statue mit einer Schale Wein in der einen (für die Freunde Georgiens) und einem Schwert (für die Feinde) in der anderen Hand. Ich persönlich bevorzuge da das Erstere. An dem Monument herumlungernde Polizisten schauten uns an wie Ausserirdische…ob wir wohl die Mittagsruhe gestört haben? Irgendwie schlagen wir uns durch ominöse Stadtviertel durch und laufen zurück zum Stadtzentrum. Das späte Mittagessen im Zentrum besteht aus Chranili, einer georgischen Spezialität. Das sind gefüllte Teigtaschen, die den chinesischen Baozi sehr ähnlich sehen. Der Teig ist dick, mit Fleisch gefüllt und nach oben zusammengedreht.

Busbahnhof Didube mit zahllosen Marshrutkas, Tbilissi
Busbahnhof Didube mit zahllosen Marshrutkas, Tbilissi

Die doppelte Portion mit Kaffee und Cola kostet gerade mal 6 Lari. Danach gehts mit der Metro kreuz und quer durch die Stadt. Die Stationen liegen sehr tief unter der Erde, so dass die Fahrt mit der Rolltreppe, obwohl diese ziemlich schnell ist, relativ lange dauert. Es gibt nur zwei Linien und die Stationen liegen meist ziemlich weit auseinander, so dass man sie in der Innenstadt kaum nutzen kann, nach ausserhalb aber schon.

Abends dann die nächste georgische Spezialität – Khachapuri. Sieht von oben aus wie ein grosses Auge. Khachapuri ist ein Teigschiffchen, überbacken mit Schafskäse und einem Ei in der Mitte. Macht satt und schmeckt hervorragend.
Internet kann man auch in Tbilissi benutzen. So gibt es Internetcafes rund um die Rustaveli-Metro-Station. Die Stunde kostet so um die 2 Lari.

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An- & Abreise

  • Der Flughafen liegt knappe 20 km östlich vom Zentrum entfernt, ein Bus fährt regelmäßig durch das Stadtzentrum hindurch bis zum Bahnhof.
  • Der Bahnhof liegt etwas ausserhalb vom Zentrum, aber von dort fahren zahlreiche Busse und Marshrutkas. Die Bahnhofsgegend sieht nicht unbedingt sehr sicher aus. Zur Fahrt von und nach Batumi siehe Vortag. Züge fahren u.a. nach Jerevan und Baku.
  • Eine Fahrt mit der Metro kostet, egal wohin, 0.20 Lari. Die muss man in Jetons umtauschen.
  • Dutzende Marshrutka-, Bus- und Trolleybuslinien durchkreuzen die Stadt. Marshrutkas kosten meist 0.50 Lari pro Fahrt. Einfach jemanden fragen – zumindest irgendeine Marshrutka fährt mit Sicherheit zum gewünschten Zielort.
  • Es gibt zwei Busbahnhöfe: Didube im Westen ist ein gutes Stück vom Zentrum entfernt, die Metro fährt allerdings direkt hin (sechste Station ab Rustaveli). Ab Didube fahren alle Inlandsbusse Richtung Norden, Süden und Westen – zum Beispiel nach Borjomi, Kazbegi, Batumi, Kutaisi usw. Von hier fahren auch Taxis und Marshrutkas nach Vladikavkas und Mineralnye Vody in Russland (Visum!!!). Ortachala liegt im Osten, nahe des Mtkvari-Flusses (Südseite) und ist mit Marshrutkas bzw. dem Bus erreichbar. Von hier fahren Busse und Marshrutkas nach Ostgeorgien, Armenien, Aserbaidschan und die Türkei.
  • Falls keine Marshrutka mehr fährt – Taxis gibt es freilich auch. Scheinbar oft ohne Taximeter. In dem Fall Preis vorher verhandeln!!! Beispiel: Von Marjanishvili zur Bushaltestelle Ortachala 3 Lari (ob das ein guter Preis ist, weiss ich nicht, aber die Strecke ist lang und 3 Lari scheint dafür okay zu sein. Der Fahrer wollte erst 5 Lari).

Unterkunft

  • Es gibt viele Hotels in Tbilissi, aber keine Hostels oder Jugendherbergen. Hotels scheinen auch alle sehr teuer zu sein. Im Hotel Iveria ist die 3. Etage wohl auch für Hotelgäste reserviert. Eine bessere Wahl ist mit Sicherheit die Übernachtung bei einer Familie.
  • Eine Übernachtung bei Nasi kostet pro Person 5 Dollar. Die Wohnung ist riesig, und irgendwie hat Nasi immer Platz, jemanden unterzubringen. Heisses Wasser kostet extra. Die Familie ist auch sehr nett – man kann sich mit ihnen sehr gut unterhalten. Nasi ist sehr streng, wenn es um Wasser- und vor allem Stromverbrauch geht! Und bloss nicht die Wohnung mit Schuhen betreten – nach Hausschuhen fragen! Ansonsten ist die Unterkunft wirklich schön, man trifft auch andere Backpacker abends auf der Terasse. Und – Nasi kennt Übernachtungsadressen in Jerevan, Borjomi, Kazbegi usw. – sehr praktisch. Adresse: Marjanishvilis Kucha 30/92. Mit der Metro bis Marjanishvili, am Ausgang links und gleich wieder links, gute 200 Meter laufen, dann auf der linken Seite in einem Hinterhof. Davon gibt es viele. Am besten, jemanden, der dort wohnt, fragen – man kennt Nasi schon. Diese Übernachtung ist (noch!?) ein echter Geheimtipp. Genau so stellt sich ein Backpacker das vor.

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