Route:
Halle? Wien? Budapest? Oradea? Cluj-Napoca? Iaşi? Orhei? Pelivan? Orheiul Vechi? Chişinău? Tiraspol? Bendery? Comrat? Bălţi? Suceava? Cinci Mănăstiri? Vatra Dornei? Sighetu Marmaţiei? Satu Mare? Debrecen
Zeit: Sommer 2004
Day1: Halle ? Wien ? Budapest ? Püspökladány ? Biharkeresztes ? Oradea
Tag eins begann eigentlich schon am Vorabend - mit dem Besteigen des Nachtzuges. Von Halle nach Budapest ohne Umsteigen im Schlafwagen und für 98 € hin und zurück. Ein fairer Preis. Denken scheinbar viele, denn der Zug ist fast voll. Das man über Österreich fährt ist sehr angenehm, denn man wird nachts nicht von lästigen Zöllnern geweckt. Frühstück in Wien. Mittag in Budapest. Gleich beim Aussteigen werden wir wie üblich bestürmt und mit Übernachtungsangeboten überhäuft. Doch wir wollen weiter. Mit einem Schnellzug geht es nach Püspökladány (wer denkt sich eigentlich diese Namen aus?) und sofort weiter mit dem Minizug nach Biharkeresztes.
Wieso hierher? Dieser Ort ist der rumänischen Grenze am nächsten. Dumm nur, dass der nächste Zug erst in vielen Stunden fährt. Vor dem Bahnhof gibt es keine Busse. Also laufen. Trampen klappt nicht, denn alle fahren mit mehr als 100 km/h vorbei. Sind ja nur 7 km bis zur Grenze. Unterwegs halten uns ungarische Grenzer an und wollen unsere Pässe sehen. Gesagt getan. Sie sehen den Pass meiner Begleiterin, zücken Zettel und Stift und ... wollen wissen, wie man ihre Sternzeichen auf Japanisch schreibt.
Die Grenze ist schnell überschritten, doch auch auf der anderen Seite fährt kein Bus. Da es schon spät ist, entscheiden wir uns für die erfahrungsgemäss billigen Taxis. Der Mann will 10 Euro bis zum 20 km entfernten Oradea. Da es das einzige Taxi ist, stimmen wir zu. Abendbrot in Rumänien. Hotel ist auch schnell gefunden. Wetter gut. Endlich wieder in Rumänien. Alles gut.
Tag 2: Oradea - Cluj-Napoca (Rumänien)
Ist die Stadt es wert, einen vollen Tag hier zu verbringen? Schön sieht sie ja aus, wenn auch viele Häuser und leider auch die Festung sehr heruntergekommen sind. Die Sonne scheint, und diese Stadt mit dem unverkennbaren habsburgischen Flair macht Spass. Allzu gross ist sie nun aber auch nicht, und das Wetter ist nicht für Museen geeignet. Also laufen wir zum Bahnhof und entscheiden uns für den nächsten Zug nach Cluj-Napoca.
Im Stadtzentrum von Oradea |
Da dummerweise in rumänischen Bahnhöfen nicht dransteht, wann der Zug ankommt, werden wir unseren leichtsinnigen Fahrkartenkauf noch bereuen. Sind ja nur 120 km - das dauert bestimmt nur zwei Stunden. Denkste. Es ist ein Bummelzug, und dazu noch randvoll. Mit Ausnahme eines Abteils, denn dort sitzt nur eine junge Zigeunerin. Und bietet allen Vorbeilaufenden einen Platz an, doch jeder, der sie ansieht, geht weiter. Zigeuner oder nicht - uns ist es egal und wir setzen uns hin. Sie beginnt auch gleich ein Gespräch, doch mein Rumänisch ist eher mangelhaft. Genauer gesagt versuche ich nur, französische und lateinische Wörter rumänisch auszusprechen. Irgendwo steigen zwei weitere Zigeuner ein - eine ältere Frau und ein Junge. Prompt verlangt die ältere Frau Geld von uns, und zwar beharrlich. Aber so nicht. Schliesslich steigen sie irgendwann wieder aus.
Die Berge werden höher und der Himmel düsterer. Schliesslich beginnt es zu regnen. War ja klar - kaum bin ich wieder in Siebenbürgen, regnet's. Und nach fünf Stunden sind wir dann doch schon in Cluj (Klausenburg). Der Regen wird stärker und kälter, und so nehmen wir das erstbeste Hotel vor dem Bahnhof. Ist soweit auch in Ordnung. Das nächste Restaurant ist zwar etwas weiter weg, aber war schliesslich den Weg auch wert: Rumänisches Essen auf höchsten Niveau in unbezwingbaren Mengen.
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Tag 3: Cluj-Napoca (Klausenburg)
War ja klar: Am Tag Regen, in der Nacht heiter |
Als wir aufstehen, regnet es nicht. Aber das ändert sich innerhalb weniger Minuten: Nieselregen setzt ein, der sich schnell zum Dauerregen entwickelt. Aber wenigstens ist es dazu kalt. Es ist wirklich ärgerlich, denn gern wären wir ein bisschen in die Berge im Süden gefahren. So also Stadtrundgang. Am Fluss sieht es fast aus wie in einer chinesischen Provinzstadt: Lauter Gebäude mit buntem, spiegelnden Glas. Die Stadt sieht nicht sonderlich schön aus, aber das wird wohl auch am Regen liegen. Mittags werden wir mutig und probieren endlich mal eine Ciorba de Burta. Die gibt es in wirklich jedem Restaurant. Ist eine saure, helle Suppe mit Kutteln. Nach dem probieren bereuen wir nicht, sie bisher noch nie bestellt zu haben.
Frustriert beschliessen wir, den Rest des Tages in Museen zu verbringen. Aber es ist Sonntag, und kein einziges hat auf. Es ist zum Verzweifeln, und mittlerweilen sind wir völlig durchnässt. Einziges Highlight dieses Tages war ein Abstecher am Abend in den Music Pub mit Studentenklub-Atmosphäre. Ein kleines, klares Getränk, das wesentlich weniger Eurocent kostet als es Prozente hat, rettet den Abend. An dem es natürlich aufklart, was für Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt sorgt.
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Tag 4: Cluj-Napoca (Klausenburg) ? Iaşi (Jassy)
Bergwelt Ende Juni |
Da wir schon in drei Tagen eine Verabredung in der Republik Moldau haben, bewegen wir uns heute mit grossen Schritten gen Osten. Ein hellblauer Schnellzug soll uns in gut 9 Stunden nach Iasi bringen. Die Fahrkarte können wir uns erst 30 Minuten vor Abfahrt kaufen, da erst dann telefonisch die freien Plätze durchgegeben werden. Vorher noch schnell Käse, Wurst, Brötchen und Obst gekauft, und schon kann es losgehen. Es regnet zwar nicht mehr, aber es ist noch ziemlich kalt. Der Zug fährt erst nach Norden und dann nach Osten. Die Berge werden immer höher und dementsprechend wird es kälter. Irgendwann fällt dann auch noch Schnee. Schade nur, dass die Heizung im Abteil nicht funktioniert. Hinzu kommt eine sehr mürrische, junge Frau. Wer ihr etliche Stunden gegenübersitzt und nicht depressiv wird, hat nichts mehr auf dieser Welt zu befürchten.
Irgendwann kommt ein bettelnder Junge ins Abteil und will etwas zu essen. Leider haben wir schon alle Vorräte bis zur Bilge gelenzt. Er will an unsere Plastiktüte und ich sage noch mehrfach "Nu!" (=nein), aber umsonst - er untersucht die ganzen Abfälle und glaubt mir endlich. Pünktlich kurz nach 18 Uhr kommen wir endlich in Iasi an. Sieht ganz anders aus als Ostrumänien - ein bisschen schmutziger und quirliger. Ein Hotel ist wieder schnell gefunden und auch ein Restaurant. Dort geht es urig zu. Eine grosse japanische Gruppe feiert allerdings auch in dem Restaurant. Abends trinken wir noch ein kühles Bier in der Hotelbar (eher Kneipe). Am Nachbartisch sitzt ein Rumäne mit seiner Familie und ruft herüber "Sind Sie aus Deutschland?". Auf die Frage, warum er so gut deutsch spreche, sagt er, dass er lange in Deutschland gearbeitet habe. Auf der Frage nach dem Beruf sagt er freudestrahlend "Ich war Boss von zwei Bordells!". Auch nicht schlecht. Und die Familie sitzt daneben und lächelt freundlich. Mit ihm unterhalten wir uns noch ein bisschen, bis auch dieser Tag zu Ende geht.
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Tag 5: Iaşi
Und schon wieder regnet es - es ist doch... Ich schaue aus dem Hotelfenster und zweifle an mir. Bin ich nicht gerade erst nach Rumänien gefahren? Wieso fährt da unten eine Hallenser Strassenbahn mit Werbung für die Mitteldeutsche Zeitung!? Davon gibt es etliche in der Stadt, stellen wir später fest. Wenigstens hätte man ja die Werbung abmachen können. Wir frühstücken bei Fornetti, die sich hier überall breitgemacht haben, und besichtigen ein kleines Kloster, das komplett eingerüstet ist. Aber wenigstens regnet es noch. Dann fahren wir trotz des Wetters zum Botanischen Garten. Wir zahlen für den Inneren und Äusseren Bereich, werden aber in weiten Bereichen des Inneren Teils (=Gewächshäuser) schroff zurückgewiesen. Seltsam. Erklärungen auf Englisch oder Deutsch sind auch Fehlanzeige. Aber immerhin regnet es nicht mehr. Es geht zurück in die Stadt, wo wir erstmal die Abfahrtszeiten der Busse nach Moldau erfragen. Und in einem neuen Restaurant essen, in dem scheinbar ausschliesslich Kinder arbeiten. Die Köche müssen auch Kinder sein, denn es schmeckt unverschämt schlecht.
Hallenser Strassenbahnen in Iasi |
Danach schauen wir uns die Klöster der Umgebung an und sind beeindruckt. Richtig schöne, gepflegte Anlagen! Nach etlichen Kilometern Fussmarsch kommen wir wieder in der Stadt an und machen es uns in einem Café kurz gemütlich. Ich gehe zur Kasse, um zu bestellen. Als ich zurückkomme, erscheint eine Bedienung und gestikuliert wild herum und sagt immer wieder "Bani! Bani!?" (Geld). Dann merken wir, was sie wollen: Wir sollen Geld und Wertgegenstände überprüfen. Denn ein Gaunerpärchen hatte sich während meiner Abwesenheit an meiner Begleiterin versucht - ohne Erfolg, denn sie hat das Geld gut versteckt.
Wir machen den Riesenfehler, bei einen der vielen Eisverkäufer ein Eis zu kaufen und es laufenderweise zu essen. Kaum gekauft, kam ein kleiner Junge und wurde extrem aufdringlich - mit Anfassen und allem. Ich hätte ihm ja ein Eis gekauft, aber so eine penetrante Art darf einfach nicht belohnt werden. Letzten Endes blieb er wirklich, bis das Eis alle war. Und wir waren froh, als es alle war. Abends verirren wir uns in eine Pizzeria, versteckt hinter einem Nachtclub. Superfreundliche Bedienung, die uns etwas ungläubig anschaut. Wir kommen uns vor wie die allerersten Gäste. Und so schmeckt es auch - Nudeln mit Ketchup und noch irgend etwas.
Tag 6: Iaşi ? Orhei (Moldau) ? Pelivan
Der grosse Tag - Versuch Nummer zwei, diesen weissen Fleck auf der Landkarte zu tilgen. Letztes Jahr sind wir ja beim Visum gescheitert, aber dieses Mal haben wir die Visa für Moldau alias Moldawien im voraus besorgt. Also ab in den Bus um 10 Uhr morgens und auf zur Grenze - die Sonne scheint, und schon 30 Minuten später kommen wir an der Grenze an. Eine dicke Frau bittet uns, ihr 100 Euro zu geben. Als ich frage warum, erklärt sie uns, dass sie ohne eine gewisse Summe nicht einreisen darf. Eine scheinbar häufig reisende, junge Moldawierin übersetzt für uns. Die etwas unwirsch dargebotene Bitte weise ich natürlich prompt ab - es gibt nicht einen einzigen Grund, ihr zu vertrauen. Das versteht unsere Dolmetscherin natürlich auch.
Am Zoll anstehen, Devisenerklärung ausfüllen, etwas Geld tauschen, und schon geht es weiter. Die dicke Frau kam freilich auch problemlos über die Grenze. Alles in Moldau sieht spartanischer aus - die Häuser, die Autos, die Kleidung. Aber die Dörfer sind schön. Irgendwo halten wir kurz an und kaufen bei der Gelegenheit zwei Eis. Macht 6 Lei, also nicht mal einen halben Euro. Nach den Unsummen an Geld, die man in Rumänien bei sich trägt (Kurs 1:40'000) sind diese geringen Lei-Beträge ungewohnt.
Wir wollen nach Pelivan, einem kleinen Dorf nahe Orhei, denn da wohnt die Familie einer Bekannten. Wir sollen Ljudmila anrufen, sobald wir in Moldau eingereist sind. Aber der Fahrer leiht uns sein Telefon nicht. Kurz vor Chisinau kommen wir mit unserer Dolmetscherin ins Gespräch - sie fragt, wo wir hin wollen usw. Sie fragt, ob wir telefonieren möchten und leiht uns ihr Handy. Ljudmila antwortet prompt, aber da sie nur ein bisschen Deutsch spricht und wir noch im lauten Bus sitzen, wird es schwer. Sie komme nach Chisinau, erklärt sie. Aber wir sitzen bereits im Bus nach Orhei - ich bitte "unsere Dolmetscherin", ihr unsere Lage verständlich zu machen. Ich frage danach, was sie für das Telefonat möchte. Sie sagt "Nichts! Ich weiss ja selbst, wie gut es ist, wenn einem jemand im Ausland hilft". Da hat sie recht.
Das zerfallende Gemeindezentrum von Pelivan |
Ins hektische Chisinau hinein zum völlig chaotischen Busbahnhof: Nie und nimmer hätte Ljudmila uns hier gefunden! Der Bus hält nur kurz, und nachdem der Fahrer hier und da noch anhielt, um zu tanken oder irgendwelchen Freunden was zu geben und Motorenöl zu kaufen usw. usf., fahren wir weiter und kommen gegen 16 Uhr am staubigen Busbahnhof der Stadt an. Kurze Zeit später macht uns Ljudmila ausfindig. Die anfängliche Nervösität legt sich allmählich, und mit einer Marshrutka fahren wir in ihr Dorf. Ljudmila spricht besser Deutsch als vorher vermutet, aber das liegt daran, dass wir vorher nur am Telefon sprachen.
Das fiel uns schon vorher auf - überall Tiere. Ein einziges Freiluftgehege. Das Dorf ist ziemlich neu und wie eine grosse Kolchose organisiert. Wir kommen in der Wohnung an, wo auch die Mutter wartet. Und umgehend wird aufgetischt: Borschtsch, gefüllte Weinblätter usw. Richtig gute Hausmannskost, die nach den vielen Stunden im Bus gut tut. Bald kommt auch die quirlige Tochter hinzu, die sich, obwohl sie "nur" Russisch und etwas Rumänisch spricht, sich bestens mit meiner "nur" Japanisch und Deutsch sprechenden Begleiterin versteht. Wir machen einen Rundgang durchs Dorf, in dem nahezu alle kommunalen Gebäude den Bach runtergegangen sind. Aber wir sehen auch einige neue, ziemlich prachtvolle Häuser. Wir erfahren, dass Deutsche das Dorf gegründet hatten und viele auch hier lebten, aber nur zwei blieben übrig, denn wer kann, wandert aus. Es gibt einfach keine Arbeit.
Später lernen wir die Mutter unserer Bekannten in Deutschland kennen. Und wieder Essen: Kuchen, frische Erdbeeren, Sahne, und dazu vielleicht noch ein Weinbrand!? Nachts wird es richtig lustig, denn wir treffen den ziemlich betrunkenen Nachbarn, der im alten Kamas-Bus noch durchs Dorf tourt und uns zum Kiosk mitnimmt. Er gestikuliert wild und spricht wie ein Wasserfall auf Russisch, aber er ist sehr sympathisch, gleichzeitig aber etwas melancholisch.
Ljudmila schnappt sich ihre Tochter und lässt uns allein - dass sie soviel Umstände machen, hatten wir nicht erwartet. Aber wir können dagegen auch schlecht protestieren. Sehr zum Leidwesen meiner Begleiterin nehmen sie auch das Kätzchen mit...
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Tag 7: Orhei ? Orheiul Vechi
Heute steht Alt-Orhei auf dem Programm, und wir hatten mit Ljudmila schon darüber diskutiert, dass es zwar einen Bus hin, aber keinen zurück gibt. Ein Bekannter hätte uns für zehn Euro hin und zurück gefahren. Wir haben abgelehnt - weniger wegen des zu teuren Preises, sondern mehr wegen der Tatsache, dass wir uns langsam umsehen möchten und nicht Rücksicht auf jemanden nehmen wollen. Nach einem kurzen Frühstück geht es nach Orhei. Die Stadt ist nichts Besonderes, aber es ist Markttag, und das ist durchaus sehenswert. Um die lokale Wirtschaft anzukurbeln, kaufen wir ein magnetisches Schachbrett - Made in China natürlich natürlich.
Kurz vor eins fährt eine alte Klapperkiste nach Trebujeni - dem Dorf nahe Alt-Orhei. Der Bus ist schon eine Stunde vorher gerammelt voll. Jeder zweite hat eine Kiste mit piepsenden Küken dabei. Die Fahrt dauert länger als gedacht. Ein Fahrgast ahnt, wo wir hinwollen, und sagt uns, wo wir aussteigen müssen. Wir sind überwältigt - eine gigantische Naturbühne aus Kalkstein. Wir laufen die Strasse entlang zu einem schmalen Felsgrat, auf dem sich eine Kirche und der Eingang zum unterirdischen Kloster befindet. Ein kleiner Junge folgt uns, sagt dies und das und zeigt uns ungefragt den Eingang. Als wir wieder herauskommen, wartet der Junge auf uns. Kennt man aus anderen Ländern und kann sehr lästig sein - ich will ihm ein paar Lei geben, aber er lehnt einfach ab und sagt "Ich will kein Geld". Wie peinlich für mich. Er folgt uns noch lange, zeigt uns die Kirche, seinen Hund (mit genialem Unterbiss!) und so weiter. Er scheint in der Nähe zu wohnen und ist sehr witzig. Ich hoffe, er verzeiht mir das mit dem Geld...
Blick aus dem Felsenkloster von Alt-Orhei |
Wir beschliessen, nicht den gleichen Rückweg zu nehmen, sondern rund um das tiefe Tal herum auf den Felsen zu laufen. Und kommen eine Stunde später im Dorf Trebujeni an - es ist sehr bunt und verschlafen. So war es also vor 200 Jahren... Als wir im Ortskern ankommen, fährt just ein Bus nach Chisinau ab. Tja, das wäre unsere Chance gewesen. Andere Busse fahren nicht mehr, und zu essen gibt es auch nichts. Also laufen. Und laufen. Und laufen. Bis zum nächsten Dorf - es kommt einfach kein Auto vorbei.
Endlich sind wir in einem grösseren Dorf und finden sogar ein kleineres Restaurant. Doch da hupt uns ein Auto an. Der Fahrer bietet uns an, für ein paar Lei zur nächsten Schnellstrasse zu fahren. Da es schon spät ist, fragen wir, ob er auch nach Orhei fährt - macht er auch für rd. 3 Euro. Am dortigen Busbahnhof kennt man uns nun mittlerweilen schon. Dumm nur, dass jetzt um 7 Uhr abends keine Marshrutka mehr nach Pelivan fährt. Taxis gibt es natürlich auch nicht. Doch jemand erbarmt sich und fährt uns - für 3 Euro, was viel zu teuer ist, aber wir sind spät dran und nach über 20 km Fussmarsch wollen wir nicht weiter entlang der Schnellstrasse laufen.
Abends gibt es wieder ein Festmahl - Heringssalat und Maisbrei, Speck, Käse, Hühnchen und noch mehr. Russische Gastfreundschaft in Moldau. Ljudmila fährt am nächsten Tag mit der Tochter nach Russland und bietet uns an, trotzdem in der Wohnung zu bleiben. Doch das wäre wirklich zu viel des Guten. Wir sind so schon mehr als dankbar für alles. Am Abend unterhalten wir uns noch viel - auf Russisch und Deutsch und mit Händen und Füssen. Eine Bekannte der Familie, Schülerin ihrerseits, kommt zu Besuch, denn sie kann gut Englisch und möchte Englisch sprechen. Und schon ist die schöne Zeit auf dem Land mitten in Moldau vorbei.
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Tag 8: Orhei ? Chişinău (Kischinow)
Verabschiedung von der Familie und dem Kätzchen, und schon geht es mit der Marshrutka nach Orhei. Dort verabschieden wir uns von der freundlichen Kioskverkäuferin, die uns nochmal alles erdenklich Gute wünscht. Dann geht es mit dem Bus zur Hauptstadt. Wir wollen in den nächsten Tagen viel mit dem Bus hin und her fahren und entscheiden uns praktischerweise für das Hotel am Busbahnhof. Man zeigt uns erst eine Suite, aber dann bekommen wir ein günstigeres Zimmer. Sogar mit Kühlschrank und warm Wasser aus der Wand. Und einem Balkon, von dem man das bunte Treiben auf dem Markt und dem Busbahnhof ansehen kann. Das Hotel ist gross, aber nur ein Teil wird als Hotel genutzt - auf unserem Flur gibt es auch Büros, einen Frauenarzt und einen Zahnarzt.
Was wird wohl mit dieser Bauruine geschehen!? |
Zeit zum Mittagessen. In einer Art Kantine lassen wir uns nieder. Die Kellnerin schaut uns von Anfang an wütend an und schaut komisch, als wir die Karte verlangen. Die knallt sie uns vor die Nase und macht es kurz: Sie sagt nicht, was es nicht gibt, sondern nur, was es von den vielen Sachen auf der Karte gibt. Und das ist nicht viel. Die Frau geht uns mächtig gegen den Strich, und so suchen und finden wir einen besseren Ort.
Chişinău ist grün, sehr sozialistisch, und angenehm. Es macht Spass, hier spazieren zu gehen. Auffällig sind die vielen neuen Handyshops. Die Strassen sind sehr belebt, und seltsamerweise sieht man keine Bettler. Überhaupt keine. Den Abend beschliessen wir in einem jüdischen Restaurant. Guter Service, aber viel zu laute und zu schlechte Live-Musik. 10 Euro für ein umfangreiches Mahl zu zweit ist relativ viel, aber wir sind ja auch in der Hauptstadt. Zurück im Hotel, sehen wir uns den Fernseher genauer an. Discovery Channel, National Geographic TV und so weiter - wie im rumänischen Kabelnetz. Selbst Pelivan soll demnächst verkabelt werden. Wenn auch sonst nicht viel funktioniert in diesem Land - Kabelfernsehen und Mobilfunk boomen.
Tag 9: Chişinău ? Tiraspol ? Bendery (Tighina) ? Chişinău
Auf nach Transnestrien! Der kleine Streifen Land war mir noch gut aus den Nachrichten Anfang der 1990er bekannt, als dort ein absurder Bürgerkrieg ausbrach. Den Transnistrien auch noch gewann. Nach einer Stunde sind wir mit dem Bus an der Grenze kurz vor Bendery. Die moldawische Seite ignoriert den Verkehr. Überall sorgen betonierte Schützenlöcher für ein seltsames Gefühl. Wir bekommen auf der transnestrischen Seite als einzige Ausländer eine Sonderbehandlung: Ein Offizier stellt zwei bunte Talons aus und verlangt 5 Dollar von jedem von uns. Haben wir nicht. Na dann 5 Euro! Ah ja. Dafür gibt er uns die Talons und sagt "Dürft Ihr behalten! Souvenir von Transnestrien!". War das jetzt Bestechung mit Quittung!? Der vollbesetzte Bus wartet jedoch auf uns, also bleibt keine Zeit zum diskutieren. Die energische Busbegleiterin, die ab und zu kurze Ansagen durch die Lautsprecher bellt, sorgt sehr energisch dafür, dass unsere Registrierung schneller vonstatten geht. Dort stehen auch transnistrische Bürger mit nagelneuen CCCP (=UdSSR) - Reisepässen.
Palast der Republik in Tiraspol |
Und schon geht es weiter. Wir sind drin! Am russischen Checkpoint vorbei geht es in die Hauptstadt Tiraspol. Die sieht etwas verschlafen und gemütlich aus. Wir tauschen 20 Euro um - viel zu viel, wie wir später feststellen. Dann laufen wir durch die Stadt. Tiraspol ist sehr grün und sehr sauber. Wir schauen nach einem Restaurant und finden ein Café. Dort gibt es nur noch Kartoffelmus und eine Bulette, sowie eine Suppe, die allerdings ein einziges Fettauge zu sein scheint. Und Brot. Und Most. Die Bedienung schaut uns erst ungläubig an und bedient uns dann sehr, sehr nett. Sie rechnen mir schliesslich am Abakus alles genau vor und schauen mich nach jeder Rechenoperation an, ob das in Ordnung sei. Zu zweit kostet der Spass knapp einen Euro.
Die Stadt sieht keinesfalls wie eine Hauptstadt aus. Ein paar Läden, ein zerfallener Kulturpalast, ein mickriger Palast des Volkes und ein zweifelhafter Präsidentensitz. In dessen Blickweite alte Leute ihr wirklich allerletztes Hemd verkaufen. Aber überall stehen Denkmäler, die den Heldenkampf gegen die Afghanen, Moldawier usw. würdigen. Wir laufen in die Aussenbezirke und warten an einer Bushaltestelle auf den Trolleybus nach Bendery. In der Haltestelle zwei Soldaten - einer schläft sturzbetrunken, während der Andere selbigen ohrfeigt und anbrüllt. Nichts zu machen - der Alkohol ist stärker.
Dann erkunden wir Bendery, welches 1992 zum blutigen Kriegsschauplatz wurde. Davon sieht man heute aber nicht mehr viel. Doch hier sieht alles etwas ärmlicher aus als in Tiraspol. Vor allem am Busbahnhof gibt es auch Bettler. Wir sind überrascht, als wir in einen sehr gut besuchten Gottesdienst geraten - dies zumindest ist anders als in der ehemaligen UdSSR. Was uns in Transnestrien auffällt, ist die Freundlichkeit der Menschen. Auch in Moldau sind die Leute aussergewöhnlich freundlich zu Fremden, aber hier sind sogar Angestellte freundlich. Etwas erschöpft fahren wir am frühen Abend zurück und lassen den Tag gemütlich ausklingen.
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Tag 10: Comrat
Noch immer bleiben wir in der Hauptstadt, bezahlen wie jeden Morgen das Zimmer für die nächste Nacht. Und ich hole mir wie jeden Morgen in einer Kaschemme unweit des Hotels, in der die Leute schon am frühen Morgen Wodka trinken, meinen Kaffee. Dann geht es in einem Minibus zum Südwest-Busbahnhof. Ich hielt es nicht für möglich, aber in einen Minibus in VW-Transporter-Grösse passen tatsächlich weit über 20 Leute. Ich stehe völlig geduckt direkt an der Frontscheibe und muss bei jeder noch so kleinen Kurve aufpassen, dass ich nicht ins Lenkrad falle.
Im gigantischen Stadtzentrum von Comrat |
Wir wollen nach Süden in die autonome Provinz Gagausien mit Comrat als Hauptstadt. Prompt fährt auch ein Bus ab. Die Landschaft ist schön - viele Weinfelder - aber es sieht schon wieder nach Regen aus. Stunden später kommen wir an, und sehen schnell, dass es in Comrat nichts zu sehen gibt. Ausser uns Fremden - jeder starrt uns ungläubig an. Wir essen eine Art Pizza (!?) dort, denn etwas anderes finden wir nicht. Danach schauen wir uns die Stadt an und haben nach dreissig Minuten das Gefühl, bereits alles gesehen zu haben. Ein staubiges, leeres Nest. Um Gagausien richtig kennenzulernen, sollte man wohl doch besser jemanden kennenlernen. Wir laufen zurück zum Busbahnhof. Es fahren viele Busse innerhalb der nächsten zwei Stunden. Aber nicht nach Chisinau. Wenigstens werden die Leute, die in die Hauptstadt fahren wollen, immer häufiger. Irgendwann kommt dann doch ein alter Ikarus - der fährt von Ismail in der Ukraine nach Chisinau. Und ist bereits voll. Es kommt zum Streit am Busbahnhof, und der Vorsteher wird beschimpft, warum er keinen anderen Bus geordert hat. Irgendwie passen dann aber doch alle rein. Und so stehen wir bis zur Hauptstadt gute drei Stunden im Gang.
Abends wollen wir wieder in ein Restaurant, das uns schon am Vorabend aufgefallen war. Und werden schroff abgewiesen. Krawattenzwang! Bei der nächsten Rucksackreise werde ich dann besser meinen Anzug mitnehmen... Nächster Versuch: Das Restaurant Chisinau. Ein wohl 80-Jähriger Portier im Livree empfängt uns würdevoll. Obwohl ausser uns nur drei Leute im dunklen Saal sitzen. Dieser Ort hat schon bessere Zeiten gesehen! Aber die Kellnerin, ebenfalls alte Schule, gibt sich redlich Mühe mit uns und ist sehr nett. Und die Hälfte der Sachen auf der Karte gibt es nicht. Dieser Ort ist eine echte Zeitreise!
An unserem letzten Abend wollen wir kurz eine moderne Bar in einer unterirdischen Passage besuchen. Die Bestellung kommt ziemlich spät und ist falsch. Wird aber korrigiert. Kurz vor 23 Uhr kommt ein Angestellter, kurz nach dem wir bestellt hatten, und erklärt, dass man in 15 Minuten schliessen will. Ah ja. Zwei Minuten später kommt er wieder und sagt, dass man doch nicht erst in 15 Minuten, sondern sofort schliessen möchte. Rums, Lichter an, Geld her, und Tschüss! Erlebnisgastronomie in Chisinau.
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Tag 11: Chişinău ? Bălţi ? Botoşani ? Suceava
Nun heisst es schon, Abschied zu nehmen von Moldau. Wir hatten sehr schöne Tage in einem Land mit sehr freundlichen Leuten. In dem wir nicht über's Ohr gehauen wurden. In dem wir, und das ist Premiere, während der gesamten Zeit keinen einzigen anderen Reisenden gesehen haben. Ich will nicht wieder die gleiche Route fahren wie bei der Hinfahrt, und so nehmen wir einen Bus in die "Nördliche Hauptstadt", nach Balti. Der Bus ist sehr alt, fährt aber in einem Wahnsinnstempo. Wir sitzen in den hinteren, ölverschmierten Sitzen. Neben uns ein Riesen-Ersatzreifen auf dem Sitz. Bei jeder Kurve hoffe ich, dass uns der Reifen nicht entgegenkommt.
Gegen Mittag erreichen wir Balti. Mit einem lebhaften, wenn auch schmutzigen Busbahnhof. Wir kaufen Tickets für den nächsten Bus und haben zwei Stunden Zeit, in denen wir draussen herumlaufen, eine Kleinigkeit essen und den Rest des Geldes verjubeln bzw. in rumänische Lei tauschen. Am Bus faselt eine aufdringliche Frau etwas von Zigaretten - ich solle doch welche nehmen, wenigstens eine Schachtel usw. Ich weiss nicht, was sie wirklich will, denn sie spricht Rumänisch. Ich will keine kaufen - hab ja selbst schon welche - und wimmle sie ab. Wir steigen in den Bus, der fast voll ist - nur hinten sitzt niemand. Warum, merken wir eine Stunde später: Einige Leute steigen dazu, mit vielen Säcken voller Sonnenblumenkerne und Riesentaschen.
Wir kommen irgendwann an der Grenze an. Und mit so ziemlich allen Leuten ins Gespräch - meist auf Russisch. Wir sind die einzigen Fremden im Bus und es wird sehr lustig. Kurz vor der Grenze werden die Leute richtig munter: Man stopft Zigarettenschachteln in Strumpfhosen, bindet sich die um den Bauch, die Beine, in den BH, und selbst ein Kind wird "bestückt". Vorher noch ein Hungerhaken, wird schnell daraus ein Wonneproppen. Das also wollte die andere Frau - dass wir ihre Zigaretten schmuggeln. An der Grenze angekommen, werden die Pässe eingesammelt. Der Grenzer macht ein kleines Quiz mit mir - was wir eigentlich in Moldau wollten, ob wir etwa Freunde dort hätten, wie wir zu diesem gottverlassenen Grenzübergang kämen usw.
Der moldawische Grenzposten |
Die Prozedur dauert über eine Stunde. Obwohl unser Bus das einzige Fahrzeug ist. Über den Stausee geht es dann auf die rumänische Seite. Alles aussteigen. Jegliches Gepäck raus und vor dem geöffneten Gepäck in einer Reihe antreten. Kommt mir von der mazedonisch-bulgarischen Grenze bekannt vor. Eine junge und sehr nette Zöllnerin entdeckt uns und sagt "How do you do". Worauf ich natürlich "How do you do" antworte. Sie schaut etwas verwirrt und wiederholt. Wahrscheinlich meinte sie "How are you?" Sie fragt danach, ob ich Englisch spreche. Die Antwort "Ja, und sie?" verkneife ich mir, denn ansonsten ist sie wirklich nett. Die Zöllner entdecken schnell bei mir ein paar Schachteln moldawischer Zigaretten und sagen laut "War ja klar!". Der ganze Bus lacht und feiert - jetzt verstehen sie auch, warum ich keine nehmen konnte. Nach dem Tipp, ich solle lieber mit dem Rauchen aufhören, steigen wir wieder ein. Das Gepäck der Moldawier wurde nur sporadisch kontrolliert, die Organisatorin (so scheint es) überreichte dem Grenzer danach irgend etwas. Nach mehr als zwei Stunden an der Grenze geht es endlich weiter.
"Rumänien ist wirklich ein reiches, fortschrittliches Land!" ist mein erster Gedanke nach der Wiedereinreise. Die Strassen. Die Autos. Die Häuser - verglichen mit Moldau der blanke Wohlstand. Die schmuggelnden Moldawier fahren jeden Tag, erzählen sie uns. Wenn der Pass dann voll ist, holt man sich einfach einen neuen, und weiter geht es.
Nach 20 Uhr, also nach mehr als sechs Stunden, kamen wir endlich in Suceava an. Wir schauen uns drei Hotels an, aber alle sind teuer. Dumm gelaufen, doch es ist spät und wir checken ein. Die Zimmer sind sehr schön, die Angestellten nett, die Lage zentral. Man empfiehlt uns ein italienisches Restaurant, denn das haben wir uns verdient. Und es ist wirklich sehr gut - wir sind hellauf begeistert. Im Hotel rennt uns schliesslich eine österreichische Rentnergruppe über den Weg. Willkommen in der "Zivilisation"!.
Tag 12: Suceava - Cinci Mănăstiri (Die 5 Klöster)
Schon viel haben wir über die berühmten Wehrkirchen und Klöster der Südbukowina gehört, und das hat uns neugierig gemacht. Die wichtigsten fünf Klöster liegen jedoch ziemlich weit verstreut, und mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann man maximal zwei an einem Tag besuchen. Da wir nicht genau wissen, wie wir danach weiterkommen, entscheiden wir uns für den blanken Luxus: Wir mieten ein Auto nebst Fahrer. In der ersten Agentur will man 3 Millionen Lei, im Büro in unserem Hotel 2.5 Mio Lei. Das sind an die 60 Euro und ganz schön viel, aber der Fahrer muss ja auch mehr als 200 Kilometer fahren und ist gute 7 Stunden mit uns unterwegs.
Fresken im Kloster Voroneţ |
Der Fahrer ist zwar nett aber sehr reserviert. Stumm fährt er vor sich hin - zumindest anfangs. Das Wetter ist ein Traum - blauer Himmel mit ein paar wenigen Wölkchen. Kurz, ein Wetter zum Helden zeugen. Kloster eins ist schön, Kloster zwei noch schöner usw. Die Landschaft ist auch schön. Eigentlich ist alles schön. Gut, es sind viele Touristen unterwegs, aber das ist kein Wunder. Hinter Kloster Nr. 4 ragt ein runder, grasbewachsener Hügel auf. Eine willkommene Abwechslung. Wir stürmen hinauf und betrachten das Nonnenparadies von oben.
In Arbore, für uns Kloster Nr. 5, steigt eine Rauchsäule auf, und die komplette Einwohnerschaft hat sich nahe des Klosters versammelt. Grund war das Holzhaus daneben, das gerade abbrannte. Im Kloster Arbore empfängt uns eine nette Frau. Sie fragt "Studenten?". Wir sagen nein, doch die erwidert "Na klar seid Ihr Studenten!", zwinkert und gibt uns die Tickets zum halben Preis. Dann gibt sie eine kleine Führung nur für uns. Auf Französisch. Das bringt mich ziemlich ins Schwitzen, aber irgendwie können wir uns verständigen. Sie hat ein sehr offenes Herz und ist dermassen nett - man kann nur Staunen.
Geschafft und immer noch ungefrühstückt, kommen wir nach 16 Uhr wieder in Suceava an. Ein Kloster mehr, und es wäre zuviel gewesen. Die Dörfer unterwegs waren ebenfalls sehr schön, so dass man wirklich die ganze Zeit gebannt aus dem Autofenster nach draussen starrt. Schliesslich schauen wir uns noch Suceava an, aber von den Ruinen der Festung mal abgesehen ist die Stadt nichts besonderes. Das Restaurant vom Vorabend hat es uns dermassen angetan, dass wir zu Wiederholungstätern werden und es erneut nicht bereuen. Schade nur, dass wir nicht mehr Zeit und vor allem kein eigenes Gefährt haben, um uns die Südbukowina näher anzusehen.
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Tag 13: Suceava ? Vatra Dornei
Die Ruinen der Festung von Suceava |
Wir begeben uns weiter Richtung Westen, wollen dies aber gemächlich tun. Von Suceava gibt es dabei nur eine Richtung - die Bahn nach Cluj-Napoca quer durch den Karpathenbogen. Auf der Strecke sind wir bereits auf der Hinfahrt gefahren, wobei es zu der Zeit noch geschneit hat. Schon zum Nordbahnhof von Suceava zu kommen, ist nicht so einfach. Wir fragen einen Sammeltaxifahrer, ob er zum Bahnhof Nord fährt. Er sagt laut und deutlich ja und schiebt uns in den Bus. Allerdings wollte er selbigen aber scheinbar nur voll kriegen, denn unterwegs sagen uns andere Passagiere, dass der Bus nicht zu dem Bahnhof fährt. Wir hatten uns einen Zug ausgesucht, und nun wurde es knapp. Notgedrungen mussten wir ein Taxi nehmen und kamen gerade rechtzeitig zum Bahnhhof. Nur um dann festzustellen, dass der Zug doch nicht fährt. Der nächste fährt erst in über zwei Stunden. Die schlagen wir am Bahnhof tot und lernen dabei noch einen netten Studenten kennen.
Das Zugabteil ist voll, aber allesamt sind si sehr freundlich und wir unterhalten uns ein bisschen auf der Fahrt. Die geht hinein in die Berge und ist für uns nach drei Stunden beendet. Vatra Dornei ist von vornherein eine Überraschung. Schöne alte Häuser, sehr klein, angenehme Bergluft. Endlich mal wieder raus aus der Stadt! Eine Übernachtung finden wir auch schnell, in einer kleinen, aber feinen Pension. Dort sind wir die einzigen Gäste. Hier kostet scheinbar alles nur die Hälfte - die Unterkunft und auch das Essen. Ein richtig erholsamer Zwischenstopp.
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Tag 14: Vatra Dornei ? Vişeu de Sus ? Sighetu Marmaţiei
Im angenehmen Zentrum von Sighet |
Mal etwas abseits von den Hauptrouten soll es quer durch die Berge gen Nordwesten, nach Sighet, gehen. Züge fahren dort nicht, und so ist man auf den Bus angewiesen. Es fährt jedoch nur einer am Tag. Der alte Klapperbus fährt gegen Mittag los und führt schnell durch wunderschöne Dörfer immer weiter das Tal entlang. Bald gibt es nur noch Wald und Forstfahrzeuge. Schliesslich fahren wir nur noch Serpentinen, und ich habe ein bisschen Bedenken, ob der Bus es schafft. Aber das tut er, und so erreichen wir bald den Prislop-Pass. Im Süden ragen schneebedeckte Bergketten in den Himmel - was für ein Anblick. Gut, das findet man auch in den Alpen. Aber hier ist alles noch ziemlich unberührt.
Touristenkomplexe gibt es allerdings auch. Es geht langsam das Tal hinab quer durch den langen Ort Borşa. Am Bus und am Busbahnhof stand, dass der Bus nur bis hierher fährt. Deswegen haben wir auch nur bis Borşa bezahlt. Aber der Bus fährt scheinbar weiter, und das soll uns recht sein, denn so kommen wir unserem Tagesziel näher. In Vişeu de Sus ist dann Endstation. Allerdings nicht am Busbahnhof. Wir fragen, wo der liegt, und man erwidert, dass das nicht wichtig sei, da sowieso kein Bus mehr fährt. So schauen wir uns erstmal das kleine Stadtzentrum an und lassen uns in einem Café nieder. Dort teilt man uns mit, dass gegen fünf noch ein Bus die Hauptstrasse entlang fährt.
Der Bus kommt tatsächlich, und ist voller Schüler, die erst untereinander kichernd in holprigem Englisch sprechen. Und dann mit uns. So verging die Zeit schnell. Vor Sighet werden die Berge wieder höher, und die fast ausschliesslich aus Holz gebauten, traditionellen Dörfer sind wunderschön. Die Maramureş ist dafür berühmt, und das zu recht, wie wir feststellen.
Es ist schon spät, als wir in Sighet ankommen. Wir gehen ins Hotel am zentralen Platz, denn viel mehr Möglichkeiten gibt es nicht. Im Foyer ist eine grosse Party zugange. Wir bekommen ein Zimmer und suchen ein Restaurant, aber es haben nur noch Pizzerien offen. Wir sitzen danach noch kurz in der Hotelbar, und schon ist es Mitternacht. Jetzt noch eine schöne Dusche, um die Strapazen des Tages herunterzuwaschen. Kaum angefangen, wird plötzlich das Wasser weniger. Nanu? Es bleibt gerade noch genug, um das Shampoo herunterzuspülen, und schon haben wir gar kein Wasser. An der Rezeption ist man darob nicht verwundert = dass sei schliesslich jede Nacht so. Ob es nicht sinnvoll sei, die Gäste vielleicht darüber zu informieren, mokiere ich mich dann. Und fordere dann eine grosse Flasche Wasser, zum Zähneputzen. Die rückt sie dann auch, natürlich umsonst, raus.
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Tag 15: Sighetu Marmaţiei ? Satu Mare
Blick aus dem Hotel auf Satu Mare |
Langsam kommen wir dem Ende unserer Tour näher, und so begeben wir uns weg von der ukrainischen Grenze gen Ungarn. Dazu soll es nach Satu Mare gehen. Allein dieser Name hat es mir angetan, auch wenn er lediglich "Grosses Dorf" bedeutet. Erstmal entlang der Grenze und dann quer durch die Wälder geht es nach Südwesten. Als wir aus den Bergen herauskommen, fahren wir mit dem Bus durch ein Dorf, in dem eine neue Villa nach der anderen gebaut wird. Die Gegend boomt regelrecht, aber schon vermisse ich die alten, traditionellen Dörfer der Südbukowina und Maramures.
Am Nachmittag kommen wir schliesslich in Satu Mare an. Und gehen erstmal zum Bahnhof, um festzustellen, wann es einen Zug nach Ungarn gibt. Und stellen fest, dass es zwar eine Bahnlinie, aber keinen direkten Zug gibt. Um ins 150 km entfernte Debrecen zu gelangen, müssten wir über Oradea fahren. Das würde über 5 Stunden dauern. Seltsamerweise fährt auch kein Bus. Das war Enttäuschung Nummer eins. Wir laufen ins Zentrum und gehen zum billigsten Hotel - welches ausgebucht ist. Und müssen deshalb in ein relativ teures, aber sehr schönes Hotel. Dort springt eine österreichische Rentnergruppe kreuzfidel umher. Wir schauen uns gemächlich die Stadt an. Interessante Ecken gibt es ja, aber als Ganzes betrachtet ist Satu Mare nicht sonderlich interessant. Auffallend ist die Tatsache, dass hier viele Ungarn leben.
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Tag 16: Satu Mare ? Mátészalka ? Debrecen
Kirche ohne Turm in Debrecen |
Wir wollen nach Debrecen, aber da es weder Bus noch Zug gibt, müssen wir uns etwas einfallen lassen. Die Grenze ist ja nur gute 10 km entfernt. Und so nehmen wir ein Taxi zum Übergang nach Petea. Dauert nur ein paar Minuten und kostet nur zwei Euro. Der Fahrer wünscht uns noch von ganzem Herzen "Drum bun " (Gute Reise). Das haben wir auf dieser Tour sehr oft gehört. Die Formalitäten an der Grenze sind schnell erledigt. Wehmütig schauen wir auf die Berge am Horizont zurück. Vor uns liegt die unendliche Weite der ungarischen Puszta. Auf der ungarischen Seite gibt es keine Wechselstube, kein Dorf, keinen Bus. Da bleibt nur Trampen, aber es kommen kaum Autos, denn es ist Wochenende. Nach einer halben Stunde erbarmt sich ein netter Ungar. Wir fragen, ob er ins 50 km entfernte Mátészalka fährt - die nächstgelegene Stadt. Tut er auch. Leider spricht er im Gegensatz zu uns nur Ungarisch, so dass wir nicht viel sprechen können. Unterwegs staunen wir, als wir all die schnieken Dörfer und Strassen sehen. Ein krasser Gegensatz zu Rumänien, welches wiederum im krassen Gegensatz zu Moldau steht. Das also ist der goldene Westen. In jedem Dorf schauen Störche aus den Nestern auf die gelegentlich durchfahrenden Autos.
Unser Chauffeur erzählt irgendwas von Debrecen, aber was!? Will er etwa nach Debrecen durchfahren? Leider nein - er erweist uns lediglich einen Bärendienst, indem er uns extra zum Ortsausgang von Mátészalka bringt, damit wir weitertrampen können. Wollen wir aber nicht, denn wir sind nicht getrampt, um das Geld zu sparen, sondern mangels Alternativen. Also begeben wir uns auf die Suche nach dem Bahnhof. Ich frage einen Passanten nach dem Bahnhof und ob er Englisch spricht. Leider nein, aber er winkt seine Tochter ran, die fliessend Deutsch spricht. Bahnhof!? Na gerade aus, dann links, über die Brücke und schon seid ihr da! Schwitzend am Bahnhof angekommen, sind wir froh, noch ungarisches Geld übrig zu haben, denn es gibt weit und breit keinen Geldautomaten oder eine Wechselstube.
Mit dem Bummelzug geht es nach Debrecen, wo wir erfahren, dass die Touristeninformation am Wochenende geschlossen hat. Im Luxushotel der Stadt fragen wir, ob es nicht billigere Alternativen gibt. Macht man eigentlich nicht, aber die Leute sind nett und erklären uns den Weg. Wir finden glücklicherweise auch eine nette Pension. Die Stadt selbst ist interessant für ein paar Stunden, aber keine Sensation. Im Gegensatz zum Abendessen. Richtig gutes Wildbret, Beilagen in rauhen Mengen - Willkommen in Ungarn! Nach Rumänien und Moldau sind die Preise allerdings erstmal ein Schock.
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Tag 17: Debrecen ? Budapest ? Wien ? Halle
Kaum hat die Reise begonnen, ist sie schon wieder zu Ende. So zumindest unser Eindruck. Wenn es nicht an Zeit und Geld mangeln würde, wäre ich wahrscheinlich schon am Ural oder so. Doch so geht es mit dem Schnellzug in lange nicht mehr erlebter Geschwindigkeit nach Budapest. Dort lungern wir noch zwei, drei Stunden am Bahnhof herum, bis schliesslich gegen sechs Uhr unser Nachtzug abfährt. Das Abteil ist voll und der Schaffner dermassen dick, dass er gerade so durch den Gang passt. Ein längerer Aufenthalt in Wien sorgt für ein Abendbrot. Und wieder das Nachtzug-Phänomen: Um 10 Uhr abends ist keiner mehr auf dem Gang - alle schlafen. Wie geht das!? Wie können alle so früh schlafen? Für mich ein echtes Mysterium. Morgens um sechs Uhr kommen wir planmässig an. Von einer viel zu kurzen Reise.
Nach Moldau zu fahren hat sich gelohnt. Aber es hat auch die Frage beantwortet, warum so wenig Menschen dorthin fahren. Man muss schon ein bisschen Rumänisch oder Russisch können, um sich für das Land zu begeistern. Und man sollte auch schon andere ehemalige Sowjetrepubliken gesehen haben. Wenn das der Fall ist, wird es interessant.
Die zweite Reise durch Rumänien hat meine Meinung über das Land geändert. Vorher fand ich es interessant, aber auch ein bisschen stressig. Lag aber wohl am Wetter und der Tatsache, dass wir nur in Brasov und Bukarest waren. Nach der Tour durch den Norden habe ich mich jedoch in dieses Land verliebt. Hier kommt man gern wieder. Die Leute sind nett. Und es gibt so viel zu sehen. Warum hat dieses Land nur einen so schlechten Ruf!? Ich kann es nicht verstehen.
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