Armenien ist eines der drei Länder südlich des Kaukasus und grenzt an Georgien, Aserbaidschan, Iran und die Türkei. Mit einer Fläche von nur ca. 30'000 km² zählte es zu den kleinsten Republiken der ehemaligen Sowjetunion. Im ganzen Land leben ca. 3,8 Millionen Menschen - es ist also eher spärlich besiedelt. Die meisten Armenier gehören dem armenisch-apostolischen Glauben an.
Armenien war einst Teil des Mazedonischen
Imperiums Alexanders des Grossen, doch nach dessen Verfall
wurde Armenien seit dem 1. Jhd. v. Chr. ziemlich mächtig - es beherrschte ein
weites Gebiet vom Euphrat bis zum Kaspischen Meer. Allerdings wurde dies bald
von den Römern erobert. Im Jahre 301 u.Z. adoptierte Armenien das Christentum
und machte es zur Staatsreligion - als erster Staat der Welt. Danach gaben sich
Perser, Ottomanen, Kreuzfahrer, Mameluken, Mongolen u.a. in Armenien die Klinke. 1828
fiel Armenien letztendlich an Russland - abgetreten von den Persern.
Genozid-Mahnmal in Jerevan |
Ein weitaus jüngerer Konflikt ist der um Nagorny-Karabakh in Aserbaidschan. Deren Einwohner forderten schon lange Anschluss an Armenien - schon seit den 80ern des 20. Jhd. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion brach hier einer der vielen ethnischen Konflikte in der Region vollends aus - der dauerte bis zum Waffenstillstandsabkommen 1993 und endete mit einem Sieg der Armenier. Allerdings haben bis dahin die meisten Einwohner - Azeris wie Armenier - die Region verlassen. Sie besetzten gleich noch den Landstreifen zwischen Armenien und Nagorny-Karabakh mit. Nagorny Karabakh zählt allerdings nicht zu Armenien - man braucht ein spezielles Visum. Aber um welchen Preis! Azeris (Bewohner Aserbaidschans) und deren Verbündete drehten den Armeniern Strom und Gas und Warenzufuhr ab - Armenier erlebten bitterkalte Winter, besonders 1991 bis 1992, ohne Strom und Heizung. Sehr viele Wälder wurden zu Brennholz verarbeitet. Die Wirtschaft des einst für sowjetische Verhältnisse relativ wohlhabenden Armeniens brach komplett zusammen. Zwar ist jetzt ein spürbarer Aufschwung in Armenien zu sehen, doch Rentner bekommen z.B. nur 8 Euro Rente pro Monat, es gibt viele sehr verarmte Menschen, das Embargo belastet den Staat schwer.
Ich sprach mit Armeniern über den Konflikt - sie betrachten den Krieg als Befreiungskrieg und damit als legitim. Der Konflikt ist nicht völlig ausgestanden - das Verhältnis zur Türkei und Aserbaidschan ist nachhaltig gestört, die Grenzen sind dicht.
Das die innenpolitische Lage nicht allzu stabil ist, zeigt ein Ereignis im November 1999. Zahlreiche Bewaffnete drangen in das Parlament ein, erschossen den Premierminister, seinen Sprecher und ein paar andere Abgeordnete. Die Hintergründe sind unklar.
Armenisch zählt zu den indo-europäischen Sprachen - wie die meisten in Europa. Allerdings gibt es zahlreiche Wörter aus dem Persischen. Im 5. Jhd. entwickelte man ein eigenes Alphabet mit 38 Zeichen, unterschieden in Groß- und Kleinbuchstaben, welche mitunter völlig unterschiedlich aussehen. Alles in allem sieht die Schrift aber leicht erlernbar aus (siehe oben: Landesname in Armenisch). Das armenische Wort für "ja" hat einen Preis verdient: ay-yo.
Lingua Franca ist auch in Armenien Russisch. Die Älteren sprechen es nahezu perfekt, die Jüngeren mehr oder weniger gut. Auch Englisch ist bei den jüngeren Armeniern relativ verbreitet, aber oft schwer verständlich.
Armenien besteht aus vielen Bergen, zahlreichen Hochplateaus und ein paar Tälern. Nur ein Zehntel des Landes liegt unter 1000 m Höhe. Die tiefste Region ist die bei Jerevan entlang der türkischen Grenze, der höchste Berg ist der Mt. Aragats mit 4090 m Höhe. Von Jerevan aus kann man nahezu täglich den auf türkischer Seite liegenden Berg Ararat sehen - ein erhabener Anblick. Ein Highlight und einer der höchstgelegenen grossen Seen der Erde ist der rund 1000 km2 grosse Sewan-See auf 1900 m Höhe. Vor allem der Nordwesten liegt auf einer Verwerfungslinie und ist akut erdbebengefährdet. 1988 verwüstete eine sehr schweres Erdbeben die Städte Gyumri (damals Leninakan) und Spitak - von letzterer blieb nichts übrig (wurde jedoch wieder aufgebaut).
Armenien ist viel niederschlagsärmer als z.B. Georgien und ist sogar stark dürregefährdet. Selbst in Jerevan wird Wasser im Sommer stark rationiert - viele Bewohner haben sich deshalb extra Wasserspeicher in den Wohnungen angelegt. Im Sommer ist es, zumindest um Jerevan, sehr heiss und sehr trocken; im Winter wird es durchaus frostig. In den Bergen ist es natürlich permanent kühler - im Sommer ist es am Sewan-See zum Beispiel sehr angenehm.
Armenisches Visum |
In Armenien gibt es sehr, sehr wenige Touristen. Es ist auch sehr teuer, direkt mit dem Flugzeug hinzufliegen - am billigsten ist es, von der Türkei über Georgien einzureisen. Reisen im Land braucht wie in Georgien viel, viel Zeit. Ein Zug braucht für 70 km 3 Stunden, ein Sammeltaxi ist nicht wesentlich schneller. Die Menschen sind sehr, sehr nett und Fremden gegenüber sehr aufgeschlossen. Wie in Georgien auch wird man nicht mehr abkassiert als Einheimische. Gerade mit etwas Russisch kommt man hervorragend zurecht.
Armenisches Geld - 5000 Dram |
Währung in Armenien ist der Dram. Für einen Euro gibt es rund 500 Dram. Die Inflationsrate ist seit Jahren sehr gering. Us-Dollar sollte man dabeihaben. In Jerevan gibt es zwei, drei Geldautomaten, die Kreditkarten akzeptieren. Überflüssige Dram kann man problemlos und ohne grossen Verluste zurücktauschen - allerdings nur in Armenien. Armenien ist sehr billig - in bezug auf Transport- und Verpflegungskosten. In Jerevan gibt es keine Hostels oder billigen Hotels - in jeglicher Hinsicht am besten sind Privatunterkünfte. Armenien ist ein ziemlich kleines Land, man kann also ruhig in Erwägung ziehen, in Jerevan zu bleiben und das Land in Tagestouren zu erkunden.
Die sagenhafte, weite Landschaft im Nordwesten, die Berge im Südosten, der Sewan-See in der Mitte, die Kultur- und historischen Denkmäler rund um Jerevan sowie die pulsierende Hauptstadt selbst mit den schönen Parkcafes und Museen im Stadtinneren - Armenien hat sehr viel zu bieten. Mir blieben leider nur drei Tage - ein flüchtiger Einblick nur, aber immerhin ein Einblick. Selbst wenn man drei Wochen bleibt - langweilig wird es bestimmt nicht. Armenien schien mir auch sehr sicher - selbst in Bussen, Zügen, Vororten, am Abend usw. Es ist, soweit ich weiss, auch nichts anderweitiges bekannt - im Gegensatz zu Georgien.
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